Bei“Tichy´s Einblick“ nimmt der langjährige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, Stellung zu dem ungeheuerlichen Vorgang im Landtag von Schleswig-Holstein, bei dem die „Volksparteien“ CDU, FDP und Grüne ( Jamaika ) ein „gesinnungsdiktatorisches Exempel“ vorgeführt haben mit dem Ziel, die Nominierung des Juristen Prof. Dr. Christian Winterhoff zum Landesverfassungsrichter zu verhindern.
Die CDU unterwirft sich einmal mehr der grünen Meinungshoheit
Mit seinem Brief an den Fraktionsvorsitzenden der CDU im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Herrn Tobias Koch, erteilt der Studiendirektor i. R. Dr. Gerd Brosowski den bildungsfernen Politikern im dortigen Landtag, die das Rechtsgutachten von Professor Dr. Winterhoff vermutlich nicht einmal gelesen haben, Nachhilfeunterricht in Sachen Schulrecht und Grundgesetz.
Speziell von der CDU unter einem CDU-Ministerpräsidenten hätte man sich mehr Rückgrat erhofft.
Sehr geehrter Herr Koch,
erlauben Sie mir bitte, mich aus dem fernen Saarland zu der „Sache Winterhoff“ zu äußern, wie ich verkürzt die Affäre um die Nicht-Ernennung von Herrn Prof. Dr. Christian Winterhoff bezeichnen will. Ich war vierzig Jahre lang im saarländischen Schuldienst tätig, zuletzt fünfundzwanzig Jahre lang als Direktor eines Gymnasiums in Saarbrücken. In der Sache Winterhoff geht es nicht um eine Debatte, die sich auf Schleswig-Holstein beschränken lässt; es geht um ein Thema, das an die Grundlagen unserer Republik rührt und das über die Frage der Sexualkunde im Unterricht der Schulen hinausgeht.
In den Schulgesetzen der Länder, den Schulpflicht-, Schulordnungs- und Schulmitbestimmungsgesetzen ist ein Konflikt gelöst worden – vorbildlich gelöst worden – der im Grundgesetz begründet worden war. Worin besteht der Konflikt?
Da ist auf der einen Seite das Recht des Kindes, unabhängig von seiner Herkunft und den finanziellen Möglichkeiten seiner Eltern eine gute Schulbildung zu erhalten. Diesem Anspruch wurde in Deutschland seit eh und je durch die Schulpflicht und durch ein ehemals weltweit hochgeschätztes öffentliches Schulsystem entsprochen.
Da war aber auf der anderen Seite der Missbrauch der Kinder in den beiden deutschen Diktaturen durch das staatliche Schulsystem, speziell der Missbrauch durch Indoktrination. Um dem vorzubeugen, wurde in das Grundgesetz der Artikel 6 aufgenommen, der die Pflege und die Erziehung der Kinder als das natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst zukommende Pflicht festschreibt.
Von da an waren die Länder als die Inhaber der Kulturhoheit verpflichtet, die Balance zwischen dem Anspruch der Eltern auf Erziehung der Kinder und dem Ziel des Staates auf deren Beschulung zu finden, was ihnen, wie schon gesagt, in den o.g. Gesetzen gelungen ist. Die so entstandene Rechtslage kann als ein Fundament der Bundesrepublik Deutschland gelten, an das man ohne Not nicht rühren sollte. Unabhängig von den Regelungen der einzelnen Länder beruhen die genannten Gesetze auf wenigen einfachen Grundsätzen, die bisher jedem Referendar im Schuldienst vertraut waren und auf die auch Herr Winterhoff in seinen Gutachten zurückgreift. Ich will den wichtigsten dieser Grundsätze näher erläutern.
Im Gegensatz zur Lage an den Hochschulen ist in den Schulen die Lehre nicht frei. Sie hat sich an Lehrpläne zu halten, deren Entstehung und Befolgung von der Schulaufsichtsbehörde kontrolliert werden; an der einzelnen Schule ist der Schulleiter verpflichtet, auf deren Einhaltung zu achten. Die Lehrpläne werden veröffentlicht, sie unterliegen somit öffentlicher und parlamentarischer Kontrolle. Angebote im Unterricht, die über die Lehrpläne hinausgehen, bedurften im Saarland und wohl auch andernorts der Zustimmung der Schulkonferenz, in denen Lehrer, Eltern und Schüler jeweils Drittelparität haben.
Unterrichten darf nur, wer die zugehörigen Staatsexamina oder andere Examina abgelegt hat, welche vom Gesetzgeber – nicht von einer Behörde! – diesen gleichsetzt werden. Insofern ist es ein Unding, wenn Gruppen von Leuten, die von außerhalb der Schule kommen, ohne Gegenwart und Kontrolle durch den verantwortlichen Lehrer sozusagen auf die Schüler losgelassen werden.
Speziell die Einbindung der Sexualkunde in den Unterricht war in allen Bundesländern einer besonderen Kontrolle durch die Eltern unterworfen. Die Eltern mussten rechtzeitig vorab und detailliert über die Inhalte informiert werden; Widersprüche waren möglich. Die dazugehörigen Veranstaltungen waren Pflicht des Schulleiters.
So weit erkennbar, hat Prof. Dr. Christian Winterhoff die eben skizzierte und früher jedem Lehrer vertraute Rechtslage dargestellt, freilich weit professioneller und gründlicher, als das hier geschehen konnte. Ihn deshalb als „Sprachrohr von Menschenfeinden“ hinzustellen, ist nicht nur eine Unverschämtheit; es ist ein direkter Angriff auf die Rechtslage, wie sie sich in den Jahrzehnten der Bundesrepublik herausgebildet hat. Die CDU als eine der Parteien, aus deren Reihen einige der Schöpfer des Grundgesetzes stammen und die seit Bestehen der Republik stets in vorderster Reihe des politischen Geschehens gestanden hat, ist meiner Meinung nach dazu aufgerufen, die Fundamente der Republik gegen jeden Angriff zu verteidigen, gerade auch dann, wenn dieser von einem Koalitionspartner geführt werden sollte.
Mit herzlichem Dank für Ihre Geduld beim Lesen meiner Ausführungen.
Gerd Brosowski