Was bringt die „Kindergrundsicherung“?

Verband Familienarbeit e.V.

Verband zur Förderung der eigenständigen finanziellen
und sozialen Absicherung häuslicher Eltern- und Pflegearbeit

www.familienarbeit-heute.de

Pressemeldung zur „ Kindergrundsicherung“

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2021 wird mit dem Begriff der „Kindergrundsicherung“ der Eindruck einer echten Verbesserung erweckt. Bei dem jetzigen Beschluss ändert sich vor allem die Wortwahl. Das bisherige Kindergeld nennt sich jetzt „Garantiebetrag“. Bisherige Zusatzleistungen (Kinderzuschlag, Hartz IV) heißen jetzt „Zusatzbetrag“. Eine reale Erhöhung erfolgt nicht, lediglich ein Inflationsausgleich. 

Johannes Resch vom Verband Familienarbeit äußert sich dazu:

Einzige echte Verbesserung ist die Digitalisierung, die bewirken soll, dass alle Berechtigten die Leistungen auch erhalten. Bisher haben viele von ihnen aus Unkenntnis gar keinen Antrag auf Zusatzleistungen gestellt.

Fazit: 

Am bisherigen Ungleichgewicht zwischen Jugendsicherung und Alterssicherung zum Nachteil von Eltern und Kindern ändert sich nichts (Die Eltern finanzieren weiter ganz überwiegend die Kinderkosten; die erwachsenen Kinder finanzieren dagegen alle Renten der früher Erwerbstätigen, auch von denen, die selbst keine Kinder hatten). Dieses System stellt also weiter eine Enteignung der Eltern dar, da ihre Kinder wegen der Erwerbsbezogenheit der Renten an ihre Eltern im „Umlageverfahren“ in der Regel weniger zahlen als an ihre alten kinderlosen Nachbarn. 

Der Koalitionsvertrag leistet damit keinen Beitrag zum Abbau der Familienfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Es bleibt bei der Diskriminierung der elterlichen Erziehungsarbeit gegenüber der Erwerbsarbeit, die für die zunehmende relative Verarmung der Familien verantwortlich ist. Auch ist nicht zu erwarten, dass sich der Geburtenrückgang als Folge der relativen Familienarmut bessert. So werden auch die Grundlagen unseres Alterssicherungssystems auf längere Sicht weiter zerstört.

Verzicht auf Kinder führte zum aktuellen Rentenproblem

Leserbrief zum Beitrag „Lang lebe der Boomer!“ in der „Jungen Freiheit“ vom 28.04.2023 

Schon der Ausdruck „Boomer“ ist irreführend. Die „starken“ Geburtsjahrgänge zwischen 1955 und 1969 lagen nur wenig über dem Erhaltungsniveau von 2,1 Kindern pro Frau. Unter Berücksichtigung des Nachhol-Effektes nach dem 2. Weltkrieg ist das nicht besonders hoch. Als „Boom“ also als Berg erscheint die Geburtsziffer nur rückblickend, wenn sie vom nachfolgenden massiven Geburtenrückgang aus betrachtet wird.

Nicht ein angeblicher „Boom“ von Rentnern ist das Problem, sondern der massive Geburtenrückgang ab 1970. Wäre dieser ausgeblieben, gäbe es heute keinen Arbeitskräftemangel und keine Rentenprobleme. Kinder sind nun mal die wichtigste Investition in einer Gesellschaft. Erfolgt sie ungenügend, werden die Folgen nach 20 Jahren in Form von Arbeitskräftemangel und sozialen Problemen deutlich. Im Wirtschaftsbereich wird dagegen davon ausgegangen, dass sich eine Investition in höchstens 10 Jahren amortisiert. Umgekehrt heißt das, dass eine mangelhafte Investition in Kinder sich ebenfalls erst nach 20 Jahren negativ bemerkbar macht, dann aber recht deutlich. Im Gegensatz dazu: Die wegfallenden hohen Kinderkosten führen sogar kurzfristig zu einem höheren Wohlstand. Aber eine Generation, die teilweise auf Kinder verzichtet, bereichert sich infolge des „Umlageverfahrens“ auf Kosten der nachfolgenden Generation.

Dieser Zusammenhang wurde im Beitrag nicht deutlich. Die Feststellung, dass sich ein Geburtenanstieg erst nach 20 Jahren auf dem Arbeitsmarkt auswirken würde, ist zwar richtig, Aber eine nachhaltige Politik muss das berücksichtigen. Insofern war die Sozialpolitik der letzten 60 Jahre alles andere als vernünftig und nachhaltig. Eine ganz wesentliche falsche Weichenstellung war die Rentenreform 1957. Das unter der Adenauer-Regierung eingeführte „Umlageverfahren“ (Die aktuell Erwerbstätigen zahlen durch ihre Sozialbeiträge die Renten und hohen Krankheitskosten der Alten) wäre nur dann nachhaltig, wenn es ein vergleichbares Umlageverfahren für die Kinderkosten gäbe (Alle Erwerbstätigen bezahlen die Kinderkosten, also nicht nur die Eltern), wie es auch von Wilfrid Schreiber, einem Berater Adenauers, vorgeschlagen wurde. Aber Adenauer dachte nur an die Wahlstimmen der Rentner und nicht an die Kinder. So gibt es bis heute nur einen minimalen Ausgleich der Kinderkosten (z. B. als Kindergeld).  

Stattdessen wurde ein absolut kinder-, eltern- und familienfeindliches System geschaffen nach dem Prinzip„Eltern investieren, Erwerbstätige profitieren.“ Damit kam die Investition in Kinder denen am stärksten zugute, die keine Kinder und damit auch keine Kinderkosten hatten. Das war und ist bis heute eine desaströse und familienzerstörende Sozialpolitik. Der zuvor überwiegend intakte Generationenvertrag zwischen Eltern und eigenen Kinder wurde aufgelöst und in einen regelrechten Generationenbetrug zulasten der nachfolgenden Generation und der Eltern überführt. Schließlich tragen Eltern die höheren Kosten, haben aber weniger Rentenansprüche, weil sie weniger erwerbstätig sein können.

Es wird Zeit, dass diese Zusammenhänge anerkannt und Konsequenzen gezogen werden. Die können dann, wenn das Umlageverfahren im Rentenrecht Bestand haben soll, nur darin bestehen, dass ein vergleichbares Umlageverfahren auch für die Kinderkosten etabliert wird (Alle Erwerbstätigen finanzieren die Betreuung und den Unterhalt der Kinder).

Die heutige Propagierung der Fremdbetreuung nach dem ersten Lebensjahr ist aber kein empfehlenswerter Weg. Einmal wünschen sich viele Eltern Kinder, weil sie Kinder lieben und nicht schon nach einem Jahr in Fremdbetreuung geben wollen. Zum andern wissen wir inzwischen, dass Fremdbetreuung im U3-Alter bei den Kindern einen Dauerstress fördert (gemessen am Cortisolspiegel im Speichel), der die Reifung des Gehirns behindert, und im spätere Leben Depressionen und soziale Fehlentwicklungen fördert und den Schulerfolg belastet. Nachfolgende medizinische und psychologische Korrekturversuche sind teuer und können den Schaden nicht mehr wirklich ausgleichen.