Verzicht auf Kinder führte zum aktuellen Rentenproblem

Leserbrief zum Beitrag „Lang lebe der Boomer!“ in der „Jungen Freiheit“ vom 28.04.2023 

Schon der Ausdruck „Boomer“ ist irreführend. Die „starken“ Geburtsjahrgänge zwischen 1955 und 1969 lagen nur wenig über dem Erhaltungsniveau von 2,1 Kindern pro Frau. Unter Berücksichtigung des Nachhol-Effektes nach dem 2. Weltkrieg ist das nicht besonders hoch. Als „Boom“ also als Berg erscheint die Geburtsziffer nur rückblickend, wenn sie vom nachfolgenden massiven Geburtenrückgang aus betrachtet wird.

Nicht ein angeblicher „Boom“ von Rentnern ist das Problem, sondern der massive Geburtenrückgang ab 1970. Wäre dieser ausgeblieben, gäbe es heute keinen Arbeitskräftemangel und keine Rentenprobleme. Kinder sind nun mal die wichtigste Investition in einer Gesellschaft. Erfolgt sie ungenügend, werden die Folgen nach 20 Jahren in Form von Arbeitskräftemangel und sozialen Problemen deutlich. Im Wirtschaftsbereich wird dagegen davon ausgegangen, dass sich eine Investition in höchstens 10 Jahren amortisiert. Umgekehrt heißt das, dass eine mangelhafte Investition in Kinder sich ebenfalls erst nach 20 Jahren negativ bemerkbar macht, dann aber recht deutlich. Im Gegensatz dazu: Die wegfallenden hohen Kinderkosten führen sogar kurzfristig zu einem höheren Wohlstand. Aber eine Generation, die teilweise auf Kinder verzichtet, bereichert sich infolge des „Umlageverfahrens“ auf Kosten der nachfolgenden Generation.

Dieser Zusammenhang wurde im Beitrag nicht deutlich. Die Feststellung, dass sich ein Geburtenanstieg erst nach 20 Jahren auf dem Arbeitsmarkt auswirken würde, ist zwar richtig, Aber eine nachhaltige Politik muss das berücksichtigen. Insofern war die Sozialpolitik der letzten 60 Jahre alles andere als vernünftig und nachhaltig. Eine ganz wesentliche falsche Weichenstellung war die Rentenreform 1957. Das unter der Adenauer-Regierung eingeführte „Umlageverfahren“ (Die aktuell Erwerbstätigen zahlen durch ihre Sozialbeiträge die Renten und hohen Krankheitskosten der Alten) wäre nur dann nachhaltig, wenn es ein vergleichbares Umlageverfahren für die Kinderkosten gäbe (Alle Erwerbstätigen bezahlen die Kinderkosten, also nicht nur die Eltern), wie es auch von Wilfrid Schreiber, einem Berater Adenauers, vorgeschlagen wurde. Aber Adenauer dachte nur an die Wahlstimmen der Rentner und nicht an die Kinder. So gibt es bis heute nur einen minimalen Ausgleich der Kinderkosten (z. B. als Kindergeld).  

Stattdessen wurde ein absolut kinder-, eltern- und familienfeindliches System geschaffen nach dem Prinzip„Eltern investieren, Erwerbstätige profitieren.“ Damit kam die Investition in Kinder denen am stärksten zugute, die keine Kinder und damit auch keine Kinderkosten hatten. Das war und ist bis heute eine desaströse und familienzerstörende Sozialpolitik. Der zuvor überwiegend intakte Generationenvertrag zwischen Eltern und eigenen Kinder wurde aufgelöst und in einen regelrechten Generationenbetrug zulasten der nachfolgenden Generation und der Eltern überführt. Schließlich tragen Eltern die höheren Kosten, haben aber weniger Rentenansprüche, weil sie weniger erwerbstätig sein können.

Es wird Zeit, dass diese Zusammenhänge anerkannt und Konsequenzen gezogen werden. Die können dann, wenn das Umlageverfahren im Rentenrecht Bestand haben soll, nur darin bestehen, dass ein vergleichbares Umlageverfahren auch für die Kinderkosten etabliert wird (Alle Erwerbstätigen finanzieren die Betreuung und den Unterhalt der Kinder).

Die heutige Propagierung der Fremdbetreuung nach dem ersten Lebensjahr ist aber kein empfehlenswerter Weg. Einmal wünschen sich viele Eltern Kinder, weil sie Kinder lieben und nicht schon nach einem Jahr in Fremdbetreuung geben wollen. Zum andern wissen wir inzwischen, dass Fremdbetreuung im U3-Alter bei den Kindern einen Dauerstress fördert (gemessen am Cortisolspiegel im Speichel), der die Reifung des Gehirns behindert, und im spätere Leben Depressionen und soziale Fehlentwicklungen fördert und den Schulerfolg belastet. Nachfolgende medizinische und psychologische Korrekturversuche sind teuer und können den Schaden nicht mehr wirklich ausgleichen.  

Migranten als Ersatz für Nachwuchs? Wo liegt der Hund begraben?

Die Schwäbische Zeitung berichtet heute vom Vorschlag des Finanzministers Olaf Scholz, entgegen des im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbarten Limits bis 2025  das Rentenniveau von 48 %  bis 2040 zu verlängern. Zwar sieht die Berichterstatterin das Problem in der mangelnden Nachwuchsbereitschaft der „Babyboomer“, findet aber nicht zur Erkenntnis, dass die langfristige Lösung des Rentenproblems in der generationengerechten Honorierung der Elternarbeit liegt.

Leserbrief:

Zitat Schwäbische Zeitung, 21. 08. 2018: „Die Kosten für die Rente steigen, je mehr „Babyboomer“ in Rente gehen, da diese geburtenstarken Jahrgänge relativ wenige ( Anm.: häufig kein ) Kinder bekommen haben.“ Da wäre es doch angebracht, die Frage zu stellen, warum sich diese Generation dem Nachwuchs mehr und mehr verweigerte. Denn klar ist auch: Ohne ausreichend nachwachsende Beitragszahler kann es nur nur minimale Renten geben. Warum sonst die politische Euphorie über junge Migranten in der Hoffnung auf notwendige Beitragszahler?

Seit der Rentenreform 1957, welche die Höhe der Altersbezüge ausschließlich an Erwerbsarbeit koppelte, schien es erforderlich, eine ungebrochene berufliche Karriere hinzulegen. Wer wollte sich denn da noch mit Kindererziehung und Kinderkosten belasten? Mussten die Babyboomer in ihrer Jugend doch selbst am eigenen Leib erfahren, wie sehr sich ihre Herkunftsfamilie einschränken musste. Da war ein Besuch im Gasthof purer Luxus, Urlaubsreise ein Fremdwort. Da musste man sich aus dem Schrebergarten ernähren und mit geflickter Kleidung in die Schule gehen. Ökologisch war dies zwar eine einwandfreie Lebensführung, aber es blieb eben kein einziger Groschen auf der hohen Kante.

In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um einen politischer Skandal erster Güte, Kinderkosten ( Verbrauchssteuern, Wohn-, Bildungs-, Energie- und Mobilitätskosten ) allein den Eltern aufzuhalsen, den künftigen gesellschaftlichen Ertrag der erwachsenen Kinder per Umlage jedoch zu vergemeinschaften. Und dies ist skandalöserweise bis heute der Fall. Eine von jungen Unionsmitgliedern vorgeschlagene Demografieabgabe beförderte die Kanzlerin 2012 kurzerhand in den Papierkorb, ohne dass die jungen Leute damals auf die Barrikaden gingen. Ein Fall von pathologischer Unterwerfung, bzw. lethargischer Resignation.

Heute macht Bayern beispielhaft vor, wie die Renten ab 2040 erwirtschaftet werden, indem es nämlich den Nachwuchs über junge Familien mit Familiengeld in ausreichender Höhe  fördert, solange unser mehrheitlich nachwuchsarmes Parlament aus Union linksliberalen Parteien als Gesetzgeber sich noch immer weigert, das deutsche Sozialgesetz generationen- und rententauglich zu reformieren.

ELTERNINITIATIVE FAMILIENGERECHTIGKEIT

i. A. Bärbel Fischer