Wenn Kinderwunsch auf Realität trifft

Die Autorin Tanja Dückers beklagt in der ZEIT, dass Kinder für unsere neoliberale Wirtschaftspolitik nur eine niedliche Nebensache sind. Die Realität sieht leider nicht so niedlich aus. Ihr Resümee: „Der zunehmenden Ökonomisierung der Privatsphäre stehen Kinder aber gegenüber. Ein neoliberaler Lebensstil und Kinder passen nicht zusammen. Die Werte, die die Propagandisten einer neoliberalen Wirtschaftsordnung vertreten, sind nicht mit dem Maß an Muße, Zeit und an geographischer und emotionaler Verfügbarkeit in Übereinstimmung zu bringen, das Kinder von ihren Eltern einfordern und brauchen.“

http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2011-05/kinder-paare-erziehung?page=1

Wenn Kinderwunsch am Geld scheitert

Sehr geehrte Frau Familienministerin Kristina Schröder!

„Ich finde es unerträglich, wenn Kinderwünsche am Geld scheitern“ vernahmen wir aus Ihrem Munde in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 9. Mai 2011. Ja tatsächlich trauen sich immer weniger junge Paare, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen, gerade aus Mangel an Geld und Zeit. Denn es ist ja kein Geheimnis mehr, dass Kinder in Deutschland ihre Eltern arm machen. Dazu sende ich Ihnen eine Abgabentabelle des Deutschen Familienverbandes von 2011, aus der ersichtlich wird, dass sich das frei verfügbare Einkommen der Arbeitnehmer bei einem Bruttojahresverdienst von 30 000 Euro von PLUS 11 076 Euro ( keine Kinder) bis zu einem MINUS von 8 092 Euro bei drei Kindern verringert ( Differenz: 19 168 Euro jährlich ). Das heißt, dass ein Familienvater von drei Kindern bereits gefährlich unter das Existenzminimum rutscht.

Vielleicht wenden Sie jetzt ein, dass es nicht auf irgendwelche Kinder, sondern lediglich auf Akademikerkinder ankommt, und dass deswegen künstliche Befruchtung von Akademikerinnen mit staatlichen Geldern gefördert werden muss. Das kann man sicher unterstützen. Aber werden Akademiker nur von Akademikern gezeugt? Es dürfte auch Ihnen bekannt sein, dass AkademikerInnen ebenfalls aus gesunden Familien von Nichtakademikern erwachsen, sobald sie Zugang zur Bildung bekommen. Aber gerade dieser Zugang wird ihnen aus Geldmangel verwehrt. Damit verzichten wir freiwillig auf ein gewaltiges Potential gebildeter junger Menschen.Unser Abgabensystem schützt Familien de facto nicht, sondern macht sie mit jedem Kind ärmer .

Daher halte ich Ihre Sichtweise für sehr verengt, solange unsere Sozialgesetze Eltern mit Verarmung bestrafen. Im Falle des Vaters von drei Kindern beläuft sich der monatliche Schaden auf 674 Euro. Mit dieser Summe könnten die Eltern ihren Kindern Bücher kaufen, Musikunterricht bezahlen, Orchesterwochen, Theater- und Kunstkurse ermöglichen, etc. Statt dessen werden Monat für Monat jene Arbeitnehmer mit 1597 Euro ( Differenz ) belohnt, weil sie auf drei Kinder verzichten (müssen).

Sehr geehrte Frau Schröder, in mehreren Urteilen hat das BverfG diesen unhaltbaren Zustand angeprangert und die Regierungen zu einer gerechten, der Kinderzahl angepassten Reform aufgefordert. Bisher ohne Erfolg. Wie lange können wir noch auf Ungeborene verzichten? Sollen künftig zwei Geborene die Lasten eines Ungeborenen mittragen müssen? Ich glaube nicht, dass dies klappt. Vorher gehen die jungen Leute auf die Barrikaden. Meine Frage: Wollen nicht Sie sich endlich dieses Skandals annehmen im Interesse unserer Gesellschaft?

Sehr geehrte Frau Schröder, freilich können Sie dieses Schreiben in den Papierkorb werfen. Besser wäre es allerdings, wenn Sie sich dieses Anliegen zu eigen machten. Viele von uns Eltern betrifft dieser Skandal insofern zusätzlich, als uns wegen der Nachwuchsschrumpfung um unsere Alterspflege bangt, obwohl wir mehrere Kinder großgezogen haben und stolz auf eine beträchtliche Enkelschar sind.

Damit grüße ich Sie freundlich für die Elterninitiative Familiengerechtigkeit im Landkreis Ravensburg
Bärbel Fischer
www.familiengerechtigkeit-rv.de

Malochen lohnt nicht

Zum Tag der Arbeit befragte Frau Anne Will in ihrer ARD-Sendung den Busfahrer und dreifachen Familienvater Ahmed Özkaratas nach seinem Auskommen. Trotz Vollzeitstelle reicht sein Lohn nicht, um seine Familie zu ernähren. Dass das Problem aber hauptsächlich an den skandalös überhöhten Sozialabgaben liegt, kam während der ganzen Sendung nicht zur Sprache. Daher wendet sich die ELTERNINITIATIVE für FAMILIENGERECHTIGKEIT in einem offenen Brief an Frau Will, mit der Bitte, dieses Unrecht an Familien öffentlich zu diskutieren.
https://www.familiengerechtigkeit-rv.de/meinungen/meinungen.php

Lohn reicht nicht zum Leben mit Kindern

Sehr geehrte Frau Anne Will,

mit großem Interesse verfolgte ich am 1. Mai Ihre Sendung. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie den dreifachen Familienvater Ahmed Özkaratas eingeladen hatten, der exemplarisch für einen breiten Bevölkerungsteil seine Probleme schildern durfte. Ich danke Ihnen auch dafür, dass es einmal nicht um Hartz IV- Empfänger ging, sondern um ganz normale Arbeitnehmer mit Kindern, die in den meisten Diskussionen schlicht vergessen, vielleicht auch bewusst übergangen werden.

Das Hauptproblem, weshalb der Familie bei vollem Erwerb das Geld nicht reicht, liegt m. E. nicht in erster Linie am zu geringen Bruttoeinkommen, sondern an der Verteilungsstruktur unserer Sozialsysteme. Hätte der Mann keine Kinder, würden ihm am Monatsende noch ein paar Hunderter zur freien Verfügung bleiben. Schon mit einem Kind schmilzt dieser Betrag zusammen, mit zwei Kindern bleibt ihm nichts mehr übrig und mit drei Kindern rutscht er schon ins Minus. Je mehr Kinder, desto näher gerät die Familie an die Armutsgrenze. Je größer die Familie, desto mehr Verbrauchssteuern fallen zusätzlich an.

Wo liegt der Haken? Wie Sie der angefügten Tabelle des Deutschen Familienverbandes e. V. entnehmen können, zahlt jeder Arbeitnehmer bruttolohnabhängig den gleichen Betrag in die Sozialkassen, egal ob er keine Kinder hat oder für fünf Kinder aufkommen muss. Bei der Steuer spielt die Kinderzahl eine Rolle, denn der Vater bekommt die Rückerstattung für das bereits versteuerte Existenzminimum der Kinder als sog. Kindergeld zurück. Das fälschlich so bezeichnete Kindergeld ist also keine staatliche Förderung, sondern reiner Rechtsanspruch. Leider verkaufen Politik und Medien das Kindergeld noch immer als Transferleistung. Nun leisten Eltern dadurch, dass sie überhaupt Kinder aufziehen und fördern bereits einen unersetzlichen Dienst an der Gesellschaft, dem laut Urteilen des BVerfG (Urteil zum Familienlastenausgleich 1998 und Urteil zur Pflegeversicherung 2001) Rechnung getragen werden muss. Dies ist aber bisher von keiner Regierung umgesetzt worden, d. h. Eltern von Kindern geschieht noch immer Monat für Monat Unrecht. Monat für Monat hat Herr Özkaratas ca. 800 Euro zu wenig im Geldbeutel.

Ein Beispiel: Ein Alleinverdiener mit drei Kindern hat ein Jahresgehalt von 40 000 Euro. Da fünf Personen davon leben müssen, verfügt der Vater nur noch über 8000 Euro. Gerechterweise dürften ihm nur von diesen 8000 Euro Sozialabgaben abgezogen werden, denn er leistet ja den generativen Sozialbeitrag durch die Versorgung seiner Kinder, die ja weit mehr verbrauchen als nur ihr Existenzminimum.

Diese Schieflage unseres Sozialsystems wird von Familienverbänden seit Jahren angeprangert, zuletzt in einer Abgeordnetenbefragung. Die Frage lautete: „Sind Sie für eine familienfaire Sozialreform, die o.g. Ungerechtigkeiten beseitigt?“ Die Antworten waren ernüchternd. Ich habe den Eindruck, dass Kinderarmut und die deutsche Armut an Kindern Politiker heute gar nicht mehr interessiert. Politik und Medien beschränken sich auf die Parole: „Bildung, Bildung, Bildung“, wobei zu fragen ist, was hier unter Bildung verstanden wird. Ich habe den Verdacht, dass es dabei hauptsächlich um Intensivierung der Erwerbsarbeit von Müttern geht. Dabei überbieten sich unsere Parteien gegenseitig an Vorschlägen, wie man den Familien immer noch mehr Geld wegnehmen und statt dessen in Tageseinrichtungen investieren kann.

Sehr geehrte Frau Will, es wäre an der Zeit, dieses Problem in aller Öffentlichkeit zu diskutieren. Dazu schlage ich Ihnen als ausgezeichneten, TV-erfahrenen Experten den vorsitzenden Richter am Darmstädter Sozialgericht vor: Herrn Dr. Jürgen Borchert. Seit vielen Jahren kämpft er für ein gerechteres System, in dem sich sogar viele Transfairleistungen erübrigen. Ein hervorragender Kenner ist auch Dr. Johannes Resch, Arzt und Psychotherapeut, der in der zunehmenden Entrechtung von Eltern die Hauptursache der Familienarmut sieht. ( E-mail: johannes.resch@t-online.de) Eine sehr engagierte Kämpferin für Familiengerechtigkeit ist die Ärztin Frau Dr. Maria Steuer, die Initiatorin des Familiennetzwerks : Familie ist Zukunft ( E-Mail: info@familie-ist-zukunft.de)

Bei der Frage nach dem krassen Geburtenschwund spielt die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass hierzulande mit jedem Kind das Armutsrisiko zunimmt. Wie lange wollen wir uns diesen Skandal noch leisten? Wenn auch meine vier Kinder in den Gebärstreik getreten wären, dann wäre die junge Generation schon mal um zehn künftige Beitragszahler ärmer. Ganz ehrlich: Mir ist angst und bange vor den Lasten, die diese Generation wird schultern müssen, wenn sie nicht schon vorher den Aufstand probt. Aus diesem Grund engagiere ich mich für unsere hiesige Elterninitiative mit folgender Internetseite für dieses Problem:
www.familiengerechtigkeit-rv.de.

Sehr geehrte Frau Will, ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie den Mut hätten, die Problematik der Familienarmut einmal von dieser strukturellen Seite her zu beleuchten.

Damit setze ich meine Hoffnung auf Sie und Ihre Sendung und grüße Sie freundlich

Bärbel Fischer