Wer das deutsche Leihmutterschafts-Verbot mit Hilfe einer angeheuerten Ukrainerin umgeht, und anschließend das Kind nach Deutschland bringt, wird nicht bestraft, sondern mit legaler Adoption belohnt, entschied gerade das Oberlandesgericht Frankfurt. Als Krönung dient das laut Urteilbegründung dem Kindeswohl, weil das Kind ja nun schon mal da sei. Man nennt das auch Fakten schaffen, die einem dann in die Hände spielen.
Die erste Instanz hatte noch zurecht auf ein sittenwidriges Geschäft verwiesen, das Kind sei hier in zu einem reinen Kaufobjekt degradiert worden. Man könnte anfügen: Und die Ukrainerin zu einem reinen Brutkasten. Es scheint vor deutschen Gerichten nicht mehr Konsens, dass Menschenhandel allen unseren Rechtsprinzipien, unserer Ethik und Moral widersprechen. Was bei einzelnen Organen weltweit als Handel geächtet, löst sich bei ganzen Menschen offenbar ethisch in Luft aus. Niere nein, Baby ja?
Das OLG argumentiert, dass Leihmutterschaft und ihre Inanspruchnahme zwar verboten seien, ihre Vermittlung wiederum nicht. Auf deutschem Boden schon. Laut Paragraf 13 des Adoptionsvermittlungsgesetz ist es verboten, öffentlich Leihmutterschaft anzubieten oder zu vermitteln. Lerne: Ihr müsst die Straftat einfach hinter die Grenze verlegen. Das OLG Frankfurt hat gerade eine Einladung an den Leihmutterschafts-Tourismus ausgesprochen. Freuen werden sich all die Schausteller, die erst letzte Woche in Berlin auf einer sogenannten Reproduktionsmesse ihre in Deutschland illegalen Dienste fürs Ausland anboten. Niemanden störte es in Berlin. Weder Staatsanwaltschaft, noch Politik.
Im zweiten Schritt wird man die Legalisierung auch in Deutschland fordern, weil es ja sowieso schon passiert und warum sollen die armen Eltern erst ins Ausland? Die FDP hat die Ermöglichung „nichtkommerzieller“ Leihmutterschaft schon im Programm. Kinderhandel als altruistischer Akt. Irrer Weise wäre es demnach in Ordnung, dass Agentur, Klinik und Arzt für ihre Dienste bezahlt werden, nur nicht die schwangere Frau. Sie ist ja auch nur der Brutkasten. Man kann so eine offene Degradierung von Müttern nur mit Sarkasmus ertragen. Irritierend, dass es die liberalen Frauen nicht stört.
Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel in einem Abstammungsverständnis, dass seit Bestehen der Menschheit in allen Kulturen Verwandtschaft definiert hat: Blutslinien, Stammbäume. Folgt man den Empfehlungen, die eine Expertenkommission im vergangenen Jahr im Auftrag der Regierung ausgearbeitet hat, soll die biologische Elternschaft schrittweise durch die „soziale Elternschaft“ abgelöst werden. Nüchtern betrachtet ist es die konsequente Fortführung des Genderkonzeptes. Wer Geschlecht vom biologischen Fakt zur sozialen Konstruktion wandelt, tut es mit Verwandtschaft analog. Eltern ist, wer sich selbst dazu ernennt. Nach der „Ehe für Alle“ folgt gerade die Umsetzung des Konzeptes „Kinder für Alle“.
Am Mittwoch forderte Justizministerin Katarina Barley, „Mit-Mutterschaft“ in Geburtsurkunden von Kindern zu legalisieren. Statt Vater und Mutter, die das Kind zeugten, stünden zwei Frauen als zwei Mütter drin. Der Vater wird nicht nur von der Bettkante, sondern auch aus Abstammung und Bewusstsein getilgt. In konzertierter Aktion sendet die ARD am selben Abend einen Spielfilm mit hanebüchenem Plot: Sohn fungiert als Samenspender für die Freundin seiner eigenen, inzwischen lesbisch geouteten Mutter. Am Ende schwängert er auch seine eigene Freundin und wird gleichzeitig zweimal Vater, einmal mit eigener, einmal mit Muttis Freundin. Alle glücklich. Abspann. Perfektes Timing beim öffentlich- rechtlichen Framing. „Zufällig“ nächsten Montag berät der Rechtsausschuss des Bundestages den Gesetzesentwurf der Grünen zur Legalisierung genau jener „Mit-Mutterschaft“. Männerverbände klagen jetzt schon öffentlich, ihre Interessen seien sowohl bei Anhörung, als auch im Gesetzesentwurf nicht adäquat berücksichtigt. Von Dritten und weiteren Geschlechtern wollen wir gar nicht erst anfangen. Es wird ein Fest für Juristen in den kommenden Jahrzehnten. Die „Mit-Väter“ werden kommen, sie werden Brutkästen, pardon, Frauen brauchen, um das zu realisieren.
Überall gilt die Frau als unverzichtbar: in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft – gleichzeitig nimmt man ihr eine inhärente weibliche Domäne gerade aus der Hand: Das Kinderkriegen. Dieselben Leute, die sogar bereit sind, das Verfassungsrecht auf freie, demokratische Wahlen anzusägen, um im Bundestag eine 50:50 Parität von Männern und Frauen zu erzwingen, halten die natürliche Parität bei der Elternschaft für Kinder für verzichtbar. Wir schützen den natürlichen Lebensraum von Käfern besser, als jenen der Kinder. Dieselben, die „Kinderrechte“ in die Verfassung fordern, nehmen ihnen im Tausch das Recht auf Wissen und Umgang mit ihren leiblichen Eltern. Mit Spannung erwarten wir den nächste ARD-Blockbuster: Nach schwulem Comingout des Sohnes trägt seine Mutti als Leihoma mit Samen seines Freundes ein Kind aus. Bleibt ja in der Familie.
Dieser Text erschien erstmals am 15.03.2019 in der Tageszeitung “Die Welt”.