Gruppe der Frauen der Bundestagsfraktion GdF @ Fischer

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 11. November 2011 zur geplanten Einführung des Betreuungsgeldes ab dem Jahr 2013 und Ihre Kritik zu meiner ablehnenden Haltung gegenüber einem Betreuungsgeld als Barzahlung.
 
Um mögliche Missverständnisse unmittelbar zu Beginn aus dem Weg zu räumen: Ich habe mich nicht gegen das Betreuungsgeld ausgesprochen, sondern kritisiere – auf Grundlage eines Beschlusses der „Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“ (GdF) aus dem Frühjahr 2010 – die zur Diskussion stehende Barauszahlung des Betreuungsgeldes. Mit dieser Haltung geht auch keine Abkehr von bisherigen politischen Positionen einher. Zur Erinnerung: Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP vom 26. Oktober 2009 wurde vereinbart: „Um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen, soll ab dem Jahr 2013 ein Betreuungsgeld in Höhe von 150,- Euro, gegebenenfalls als Gutschein, für Kinder unter drei Jahren als Bundesleistung eingeführt werden.“
 
Diese Passage zum Betreuungsgeld haben wir innerhalb der GdF bereits im letzten Jahr zur Grundlage weiterer Diskussionen gemacht, die ausführlich und unter Einbindung verschiedenster Expertinnen und Experten geführt wurden. Die Abstimmung in der GdF über die Ausgestaltung des Betreuungsgeldes im Frühjahr 2010 hat gezeigt, dass mit sehr großer Mehrheit das im Koalitionsvertrag angebotene Gutscheinmodell befürwortet wird. Unser Beschluss beinhaltet die Forderung, dass nur der Elternteil, der sich zu Hause der Kindererziehung widmet, einen entsprechenden „Gutschein“ für die Riester-Rente, eine kapitalgedeckte Pflegeversicherung oder Wiedereingliederungskurse erhält. Das macht deutlich: Wir bevorzugen eine nachhaltige, gezielte Unterstützung des erziehenden Elternteils.
 
Ich bin überzeugt, dass die Position der großen Mehrheit der GdF sehr im Interesse der Familien und zum Wohle der Kinder sowie im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung getroffen wurde. Wir wollen für jede Familie eine echte Wahlfreiheit ermöglichen – dazu gehört der Ausbau der Kinderbetreuung genauso wie die nachhaltige Stärkung und Unterstützung des Elternteils, der seine Berufstätigkeit für die Kindererziehung unterbricht. Selbst wenn 2013 der gesetzlich vorgeschriebene Ausbau von 35 Prozent erreicht ist, werden 65 Prozent der Kinder zu Hause betreut, was wirklich nicht als familienfeindlich ausgelegt werden kann. An dieser Stelle sehe ich auch keinen Punkt, an dem der GdF-Beschluss Eltern diffamiert, die sich für eine Betreuung der Kinder in der Familie entschieden haben oder entscheiden werden. Eine derartige Position ist daraus ebenso wenig zu entnehmen wie etwaige Vergleiche mit der Begrifflichkeit „Herdprämie“. Derartige Begrifflichkeiten wurden von den Frauen der Unionsfraktion in der gesamten Diskussion nicht benutzt oder beschrieben.
 
An dieser Stelle darf ebenso nicht außer Acht gelassen werden: Die Union hat die Verdienste in den Familien auch durch finanzielle Leistungen seitens des Staates immer besonders betont. Es waren unionsgeführte Bundesregierungen unter Kanzlerin Angela Merkel, die das Elterngeld einführten, dieAbsetzbarkeit von familienunterstützenden Dienstleistungen verankerten, Familien im Niedrigeinkommensbereich mit einem Zuschlag für Bildung und Teilhabe förderten, das Kindergeld mehrfach erhöhten, den Kinderfreibetrag im Einkommensteuerrecht mehrfach anhoben, sich für den Ausbau der Kinderbetreuung einsetzten usw. Mehr als 150 verschiedene ehe- und familienbezogene Leistungen mit einem jährlichen Gesamtvolumen von etwa 190 Milliarden Euro gibt es gegenwärtig. Seit 2005 ist das Leistungsvolumen für Familien um mehr als fünf Prozent gestiegen – trotz Haushaltssanierung mit finanziellen Kürzungen in nahezu allen Bereichen. Es ist daher nicht angebracht, wenn im Zuge der Diskussionen um das Betreuungsgeld immer wieder suggeriert wird, eine finanzielle Anerkennung der Familienleistung steht komplett aus oder wäre überfällig.
 
Ich begrüße sehr, dass in den nächsten Wochen ein Gesetzentwurf zur Ausgestaltung des Betreuungsgeldes erarbeitet werden wird. Bislang ist nichts parlamentarisch verabschiedet worden. In den ausführlichen parlamentarischen Beratungen wird es um die Voraussetzungen für den Erhalt sowie die Ausgestaltung der Leistungen selbst gehen. Ich werde mich für eine nachhaltige Lösung im Sinne der Familien und für eine wirkliche Wahlfreiheit, aber weiterhin gegen eine Barauszahlung des Betreuungsgeldes einsetzen.
 
Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
Rita Pawelski