OECD-Studie stellt Profitstreben über Kindeswohl und Elternrechte

Verband Familienarbeit  e. V.

vormals Verband der Familienfrauen und -männer e.V.(vffm)

Pressemeldung 
18.06.2012

OECD-Studie stellt Profitstreben über Kindeswohl und Elternrechte

In einer „Studie“ verurteilt die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in scharfer Form das in Deutschland geplante Betreuungsgeld. Dazu gehören 34 Industriestaaten, darunter die Länder der EU, die USA, Japan und Australien, aber auch Schwellenländer wie die Türkei, Mexiko und Chile. Die OECD betrachtet die Förderung von Wirtschaftswachstum und Welthandel als eine wichtige Aufgabe. In der Regel agiert sie als Interessenvertreterin des internationalen Finanzkapitals und der globalen Wirtschaftskonzerne. Kindeswohl und Elternrechte stehen nicht auf ihrer Agenda.

Gertrud Martin vom Verband Familienarbeit meint dazu: “Die OECD hat keine Kompetenz zum Thema Familie. Ihr zentrales Argument gegen das Betreuungsgeld ist, dass es die Beteiligung von Müttern am Arbeitsmarkt verringere. So wird der Profitmaximierung durch ein möglichst breites Arbeitskräfte-Angebot, das auch niedrige Löhne erleichtert, der Vorrang gegeben gegenüber der Betreuung von Kindern in der Familie.“

Um die Aussagen der Studie kinderfreundlich erscheinen zu lassen, werde auch von der OECD ein aus der deutschen Politik bekannter Trick angewendet. Die positiven Bildungsergebnisse des Kindergartenbesuchs für über Drei-Jährige würden als Argument gegen das Betreuungsgeld ins Feld geführt, obwohl es dabei ausschließlich um Unter-Drei-Jährige gehe. Bei ihnen sei aber die Bindung an zumindest eine vertraute Bezugsperson weit wichtiger als Wissenserwerb. Auch die günstigen Auswirkungen des Kindergartenbesuchs bei Migrantenkindern würden einfach auf Kinderkrippen übertragen, obwohl es dafür keine Hinweise gebe.

Der Neurologe und Sozialmediziner, Dr. Johannes Resch, ergänzt: „Um dem Vorwurf der Kindeswohlgefährdung vorzubeugen, wird rundheraus behauptet, auch für die Kleinsten sei die kollektive Betreuung gut. Die Medizinern und Psychologen bekannte Erkenntnis, dass Krippenbetreuung das Risiko einer sozialen Fehlentwicklung erhöht, wird ignoriert.“

Und weiter: „Es fällt auf, wie kritiklos unsere weitgehend gleichgeschalteten Medien die profitgelenkten Aussagen der OECD übernehmen.“ Vermutlich spiele hier die Abhängigkeit von Werbe-Einnahmen aus der Wirtschaft eine Rolle. – „Völlig unverständlich ist, dass selbstkirchliche Einrichtungen wie Diakonie und Caritas der vom internationalen Kapital gesteuerten Irreführung auf den Leim gehen und diese mit eigenen Verlautbarungen stützen.“

18. Juni 2012
Bundesvorstand Verband Familienarbeit e. V.
 

3 Gedanken zu „OECD-Studie stellt Profitstreben über Kindeswohl und Elternrechte

  1. zu: „Studie: Rentenalter muss weiter steigen“
    und
    „OECD gibt Betreuungsgeld schlechte Noten“
    Schwäbische Zeitung 12. 06. 2012

    Die beiden Verlautbarungen der OECD zur Erhöhung des Rentenalters und zur Ablehnung des Betreuungsgeldes für selbsterziehende Eltern ( Schw. Ztg., 12. 06. 12) zeigen ganz klar die Brüsseler Einstellung: Eltern und Greise gehören in den Erwerb, Kinder in die kollektive Krippe! Die Motivation: Vermeidung von Altersarmut und Steigerung von Produktion und Gewinn.

    Auch die OECD weiß, dass ohne Nachwuchs die Renten der heute Erwerbstätigen extrem gefährdet sind. Umso erstaunlicher also die ausbleibende, dennoch überfällige Forderung, Eltern mit Arbeitnehmern ohne Nachwuchs finanziell g l e i c h z u s t e l l e n . Darf es denn sein, dass bei gleichem Bruttolohn einem Familienvater von drei Kindern nichts bis minus an frei verfügbarem Einkommen in der Tasche bleibt, während ein Kinderloser sein Vermögen verdreifacht? Nun sollen ausgerechnet Eltern von Kindern auch noch bis 70 arbeiten, damit diejenigen mit versorgt werden können, die sich ein Leben lang Kinderkosten erspart haben. Kinderlose könnten heute locker für ihre Altersversorgung privat aufkommen, anstatt Profite aus der Umlage zu ziehen. Kein Wort jedoch zu diesem Skandal von der OECD!

    Die OECD bemängelt, dass Migrantenmütter sich in den ersten Kinderjahren nicht um einen Job bemühen. Migrantenmütter wissen nämlich naturgemäß noch, dass ihre Babys Nestwärme und mütterliche Präsenz brauchen, was ihnen allerdings in Europa nicht mehr zugestanden wird. Hier geht es lediglich um Gewinnmaximierung, nicht um Menschlichkeit! Vielleicht machen Migranten eines Tages ihre Zuwanderung davon abhängig, ob ihnen drei Jahre Familienzeit pro Kind zugestanden wird oder nicht. Gerade sie werden nämlich künftig in Europa am längeren Hebel sitzen. Auch Deutschland wird künftig nichts anderes übrig bleiben, als um Zuwanderung zu betteln, denn es werden einfach zu wenige deutsche Kinder geboren. Gerade auf stabile Migrantenkinder wird es in Zukunft ankommen, wenn wir unsere Renten einigermaßen sichern wollen.

    Maria und Joachim Heumos

  2. Die OECD macht immer häufiger Schlagzeilen mit ihren kinderfeindlichen Forderungen. Dabei ist verwunderlich, über wie wenig Sachkenntnis und Weitblick sie anscheinend verfügt, denn in wenigen Jahrzehnten schon drohen auf Grund falscher Familien- und Erziehungspolitik gesellschaftliche Verwerfungen übelster Art.
    Schweden ist uns in der Betreuungspolitik 3 Jahrzehnte voraus und erlebt im Moment ein böses Erwachen aus seinen naiven Krippen- und sonstigen Betreuungsträumen, wie sie uns die OECD noch immer einreden will.

    In der WELTWOCHE, einer schweizerischen Zeitung, war am 6. Juni ein Interview zu lesen mit dem schwedischen Familienexperten Jonas Himmelstrand.
    Hier 4 Zitate:

    „Eine Studie der schwedischen Regierung zeigte, dass sich in den letzten 25 bis 30 Jahren die psychische Gesundheit der Jugendlichen stark verschlechtert hat, verglichen mit elf anderen europäischen Ländern. Die Schulleistungen haben dramatisch abgenommen, vor allem in den mathematischen Fächern.“

    „Weil die Kinder fünf Tage die Woche betreut werden, glauben die Eltern, die Leute dort seien verantwortlich für ihr Kind. Ganz normale schwedische Mittelklasse-Eltern, sagt die Autorin, wüssten nicht mehr, wie man Kinder großziehe. In einer vierten Studie (vom renommierten Karolinska Institutet) wurde die Gesundheit der Frauen um die fünfzig untersucht. Über die Hälfte dieser Frauen hört frühzeitig auf zu arbeiten. Teilweise schon mit fünfzig. Das ist die erste Generation von Frauen, die Mutterschaft und Vollzeitarbeit kombinieren mussten. Die Gründe sind psychosozialer Natur. Sie sind erschöpft.“

    „Alle wissen, dass es unseren Kindern nicht gutgeht, aber niemand sagt etwas. Wir leben in einer dysfunktionalen Gesellschaft.“

    „Wenn aber die schwedische Regierung Recht hätte und ihre Familienpolitik so super wäre, wie sie sagt, müssten die Kinder und Jugendlichen gesünder sein, besser lernen, glücklicher sein, und das ist definitiv nicht eingetreten. Außerdem dürfen wir eines nicht vergessen: Auch Soziales wird von Generation zu Generation weitergegeben. Wenn diese Kinder nicht erleben, wie Familie und Elternschaft funktioniert, werden sie es später, sobald sie eigene Familien haben, noch schlechter machen. Und bald könnte das ganze Wissen um Elternschaft verloren sein, was für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gefährlich wäre.“

    Mein Misstrauen gegen die international agierende OECD und ihre nationalen Helfer ist inzwischen so groß, dass ich geneigt bin zu glauben, dass es hier nicht mehr um Irrtum oder mangelndes Wissen geht, sondern um gezieltes Hinarbeiten auf das, was auch bei uns „für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gefährlich wäre.“

  3. Sehr aufschlussreich, was da über die Auswirkungen der Betreuungspolitik in Schweden zu lesen ist, denn in letzter Zeit werden im Fernsehen (Talk-Shows) immer wieder die vielen Gelder gelobt, die skandinavische Länder im Vergleich zu Deutschland für die frühkindliche „Bildung“ ausgeben. Was sie bewirken, scheint keiner wissen zu wollen. Man setzt auf die Annahme, dass durch Geld alles nur besser werde.
    Mich würde der ganze Artikel in der „Weltwoche“ interessieren. Gibt es einen Link? Ich habe vergeblich danach gesucht.

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