Deutschland Schlusslicht in Europa ?

Pressemeldung 28. Januar 2013

Nur 15% der Deutschen halten ihr Land für kinderfreundlich

Der Aussage „Mein Heimatland ist kinderfreundlich“ stimmten in Deutschland im Jahr2012 von 1000 Befragten nur 15% zu (Quelle: Link unten). 2010 waren es noch 21%. Damit landete Deutschland unter 10 europäischen Ländern mit Abstand auf dem letzten Platz. Vergleichbare Länder wie Frankreich, England, die Niederlande und Österreich schnitten deutlich besser ab. Auch mehr Griechen, Spanier, Polen und Schweizer halten ihre Länder für kinderfreundlich. 

Was ist da los? Stellen deutsche Eltern überhöhte Ansprüche an ihren Staat? Oder ist die Meinung der Befragten ein Abbild der Wirklichkeit? 

Nach den amtlichen Angaben der Bundesregierung werden Familien mit Wohltaten überhäuft. Allerdings beschrieb bereits der 5. Familienbericht (1994) eine „strukturelle Rücksichtslosigkeit“ unserer Gesellschaft gegenüber Familien. Diese besteht vor allem darin, dass Eltern zwar ganz überwiegend die Kinderkosten tragen müssen, aber später ihre Kinder bevorzugt denen hohe Renten zahlen müssen, die keine eigenen Kinder erzogen und deshalb keine Lücken in ihrer Erwerbsbiografie haben. Diese Elternfeindlichkeit muss durchaus als Kinderfeindlichkeit verstanden werden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Gertrud Martin vom Verband Familienarbeit kommentiert: „Die schönfärberisch gepriesene ‚Vereinbarkeit von Familie und Beruf ‚ hat die volle Erwerbsarbeit beider Eltern zum Ziel. Die Familienarbeit soll in die Freizeit verschoben werden. Das dient der Minimierung der Löhne im Dienst der Aktionärsprofite auf Kosten der Kinder. Solange elterliche Erziehungsarbeit nicht gleichwertig wie Erwerbsarbeit anerkannt und honoriert wird, sind beide Arbeitsbereiche nicht wirklich vereinbar und die Gleichberechtigung von Mann und Frau bleibt Stückwerk.“

Vorstandsmitglied Dr. Johannes Resch: „Sogar das Elterngeld wurde zum kinderfeindlichen Instrument. Wer sein Kind nicht nach einem Jahr in die Krippe gibt, sondern selbst betreut, wird bei einem nachfolgenden Kind nur mit dem Mindestbetrag abgespeist. So wird die Erziehung der eigenen Kinder regelrecht bestraft. Eine Benachteiligung der Eltern wirkt sich aber immer auch zum Nachteil der Kinder aus. Offenbar haben die Befragten den kinderfeindlichen Charakter unseres Staatswesens zumindest gefühlsmäßig erfasst.

http://www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/newsletter-forschung-aktuell/243.html

Pressestelle des Verbands Familienarbeit e. V.

6 Gedanken zu „Deutschland Schlusslicht in Europa ?

  1. Ich fürchte, dass unter den Befragten etliche sind, die unser Land nur deswegen für kinderfeindlich halten, weil es noch nicht so flächendeckend mit Krippen ausgestattet ist wie andere europäische Länder, die uns immer wieder als beispielhaft vor Augen geführt werden.
    Man müsste Genaueres wissen über die Begründung von „kinderfreundlich“.

  2. Leider kann ich Frau Prasuhn voll und ganz zustimmen. Nach politisch korrekter Deutung gilt ein Land als „kinderfreundlich“, wenn die Kinder vom Säuglingsalter bis zur Jugend in Ganztags-Krippen, Ganztags-Kindergärten und Ganztags-Schulen untergebracht sind, damit beide Eltern der Wirtschaft ununterbrochen als Arbeitssklaven zur Verfügung stehen und sich dort „selbst verwirklichen“ können.
    Ob ein Land in dem Sinne kinderfreundlich ist, dass Erziehungsarbeit in der Familie gesellschaftlich anerkannt wird (und das ist das, was wir wollen), müsste gesondert untersucht werden.

  3. Zur obigen Pressemeldung „Deutschland Schlusslicht in Europa?“:
    Die Vermutungen von Ursula Prasuhn und Michael Bloch treffen offensichtlich nicht zu. Obwohl die neuen Bundesländer aufgrund der DDR-Praxis mit Kinderkrippen völlig abgedeckt sind, betrachten nur 9% der dortigen Bürger/innen Deutschland als kinderfreundlich (in den alten Bundesländeren 16%). Die Häufigkeit der Krippen führt also im Urteil der Bürger/innen nicht zu mehr Kinderfreundlichkeit. Hier ist die Propaganda der Regierung und die Meinung der Bevölkerung auseinanderzuhalten. Die % – Angaben sind aus dem Link unter der Pressemeldung des Verbands Familienarbeit zu entnehmen.

  4. Mich würde einmal eine Befragung zur „Elternfreundlichkeit“ in den verschiedenen europäischen Ländern interessieren:

    1. Werden Eltern mit mehr als 2 Kindern gesellschaftlich noch anerkannt?
    2. Besteht nachteilslose Freiheit in der Wahl der Kinderbetreuung?
    3. Ist es o.k., dass das frei verfügbare Einkommen der Eltern mit jedem Kind bis weit unter das Existenzminimum der Familie schwindet?
    4. Ist es o.k., dass Eltern über die Kinderkosten durch Verbrauchssteuern zusätzlich überproportional besteuert werden?
    5. Können Eltern in Notlagen mit professioneller häuslicher Unterstützung rechnen?
    6. Haben Mütter beim Wiedereinstieg in den Beruf gute Chancen?
    7. Nimmt die Vereinbarkeitspolitik Rücksicht auf die begrenzte Belastbarkeit von Müttern?

    Mit sieben NEIN ist Deutschland haushoch durchgefallen und damit auch hier Schlusslicht in Europa!

  5. Es wäre wünschenswert, wenn Sie recht hätten, Herr Resch. Ich neige in der Interpretation der Befragung aber zu Frau Prasuhns und Herrn Blochs Meinung.
    Die Krippendichte in den neuen Bundesländern ist Erbe der DDR-Zeit und das wissen die Bürger dort ganz genau.
    Wenn jetzt nach der Kinderfreundlichkeit im vereinten Deutschland gefragt wird, so ergibt sich für die Menschen in den neuen Bundesländern eine besondere Sicht der Dinge. Einerseits existiert bei ihnen eine Krippendichte, die von Politikern und Medien ständig gelobt wird, aber nicht als „Verdienst“ der Bundesrepublik gilt. Diese tut sich im Gegenteil schwer, ihre Versprechungen bezüglich der Betreuung von Kindern einzuhalten, was „nach politisch korrekter Deutung“ (wie Herr Bloch zu Recht sagt) nicht als kinderfreundlich gilt.
    Mich wundert daher nicht, dass die „Ossis“ der Kinderfreundlichkeit im vereinten Deutschland noch skeptischer gegenüberstehen als die „Wessis“.

  6. Seit Jahren wird uns eingehämmert, dass sich Kinder für die individuelle Lebensgestaltung negativ auswirken: Unflexibel, Karriereverhinderer, weniger Geld wegen Berufsaufgabe oder -reduzierung, Kosten die Kinder verursachen (immerhin hat der Familienbund ausgerechnet, dass jedes Kind dem Staat nettosummenbereinigt fast 77000 Euro bringen), nicht genügend Betreuungsplätze weshalb keine Entscheidungsfreiheit Familie und Beruf (ja oder nein), Heimchen am Herd, Bildungsverhinderer, Kindergeldversaufer und -verqualmer, HartzIV-gefährdet, Wiedereinstieg in den Beruf nach der Familienphase kaum möglich, altersarmutgefährdet wegen nicht durchgängiger Erwerbstätigkeit.
    Die Gerichtsurteile wegen „Lärmbelästigung durch Kinder“, weshalb Sport- und Kinderspielplätze geschlossen werden sollten hierbei nicht unberücksichtigt bleiben.
    Von Sprüchen die bei Mehrkindfamilien vorkommen wie: na, habt ihr kein anderes Hobby? – Fernseher kaputt? – Wisst ihr nicht dass es die Pille gibt? – aha, ihr wollt vom Kindergeld leben! , ganz abgesehen.
    Wann wurde in den Medien – egal wo – positiv über Familien berichtet?
    Es würde einem WUNDER gleichkommen, wenn bei einer solchen Grundhaltung „Kinderfreundlichkeit“ entstehen sollte.

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