In der Ausgabe 20 / 2015 von Publik Forum stellt der Chefredakteur Wolfgang Kessler o.g. Titelfrage. „Die elf Milliarden Euro, die der Staat zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aufbringen muss, sind gut angelegtes Geld“ , meint er im Einklang mit Sigmar Gabriel und Ferdinand Fichtner vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, und erhofft sich wie diese einen „beachtenswerten Wachstumseffekt für die deutsche Wirtschaft“.
Unser Zwischenruf
Ohne junges Blut sieht Deutschland in jeder Beziehung alt aus. Daher sind uns die jungen vitalen Migranten höchst willkommen. Doch Integration kostet viel Geld. Zynischerweise schüttet Herr Schäuble nun genau jene Milliarden mit vollen Händen aus, die er und ehemalige Familien-und Finanzpolitiker seit Jahrzehnten dem eigenen Nachwuchs vorenthielten *). Plötzlich ist das Geld da, das man Familien bisher verweigerte. Dieser Geiz musste logischerweise zu einem dramatischen Geburtendefizit führen ( Halbierung der Geburtenzahl von 1.35 Millionen 1965 auf nur noch 650 000 im Jahr 2012 ). So blieben seit damals Tausende der heute benötigten Fachkräfte ungeboren und logischerweise auch ohne bestandserhaltenden Nachwuchs. Außerdem geriet jedes fünfte Kind seither in Armut und ist damit auf Sozialhilfe angewiesen, wo hingegen nur jedes 75. Kind vor 50 Jahren diese Unterstützung beanspruchen musste. Mithin lässt sich feststellen, dass trotz halbierter Geburtenzahl, die Kinder-und Elternarmut seither stark angewachsen ist, ohne dass dies die Bundesregierung auch nur im mindesten interessiert hätte. Vielmehr sah Frau Merkel im „Demographischen Wandel“( Schrumpfalterung ) eine Chance, ihr CDU-Wählerklientel zu stabilisieren. Nicht junge Familien, sondern die Senioren sollten von den eingesparten Kinderkosten über steigende Renten profitieren.
Wie mögen sich bei der erfreulich herzlichen Willkommenskultur heute jene Eltern fühlen, die sich ein zweites oder weitere Kinder nicht mehr hatten leisten können, weil es im reichen Land für sie weder Auskommen noch Wohnraum gab? Ihre Kinder waren nicht willkommen. Wie fühlen sich einheimische Eltern, wenn sie wegen ihrer Kinder auf Sozialhilfe angewiesen sind? Wie fühlen sich Eltern, die ihre Babys nach dem ersten Lebensjahr in fremde Arme legen müssen, weil sie nur mittels Erwerbsarbeit zu ihren Rentenpunkten kommen? Wie fühlen sich die Eltern von jungen Migranten heute, wenn ihr hoffnungsvoller Nachwuchs das Land verlässt? Alle, gar alle, fühlen sich betrogen! Betrogen um Familie, betrogen um Chancen, betrogen um Zukunft – Pech!
Hauptsache, Deutschlands wirtschaftlicher Wohlstand ist gesichert!
*) Die Krippenmilliarden sind keine Investition in Familien, sondern in den Arbeitsmarkt.
Liebe Frau Fischer,
Zu ihren wie immer von Grund auf richtigen allgemeineren Überlegungen ein Beispiel aus Saarbrücken. Da will eine Familie mit zwei kleinen Kindern, die aus Syrien gekommen war und die zunächst dreißig Kilometer entfernt von Saarbrücken untergekommen war, nach der Großstadt umziehen; auf dem Dorf hat es ihr nicht so richtig gefallen. Sofort läuft das Willkommensprogramm an: Eine Hausbesitzerin läuft sich die Hacken ab, um bei den Behörden, die zur Zeit bis über die Ohren beschäftigt sind, den Umzug zu organisieren; die ganze Hausgemeinschaft wird darauf eingestimmt, gefälligst zu helfen – sie folgt prompt – , ein Service-Club fängt an, Mobiliar zu sammeln. Na wunderbar. Das wohlbkeannte Willkommensprogramm eben.
Als unser Enkel vor einigen Jahren in eben dieser Stadt zur Welt kam, hat die Hausgemeinschaft zunächst einmal keine Notiz von dem Ereignis genommen. Später dann, als der kleine Kerl Leben in die Bude gebracht hat und sich obendrein noch als artig erwiesen hat, ist man so allmählich aufgetaut. Na ja. Das Übliche eben. Auf die Schwiegertochter hat alsbald die Werkbank gewartet, das Übliche eben, die Großeltern sind eingesprungen, man kennt das.
Der Flüchtling ist halt ein event, das gewöhnliche Kleinkind ist….wir wissen es. Jedenfalls kein event. Mal sehen, wie lange das angelaufene Willkommensprogramm noch durchgehalten wird. Irgendwann ruft auch nach der Flüchtlingsfrau die Werkbank.
Sie haben recht, Frau Fischer, der ganze Jubel basiert nicht zuletzt auf der Hoffnung, dass die Zuwanderer glatt und lückenlos die Plätze ausfüllen, die durch die ausgebliebenen Kinder gerissen worden sind. Da kommen die vielen jungen Männer und die wenigen Frauen und Kinder aus dem Orient gerade recht, um jetzt, da die nicht Geborenen ins Erwerbsalter eintreten würden, deren Rolle zu übernehmen. Wie schlau, nicht wahr, den Müttern aus dem Orient das Aufziehen der Kinder zu überlassen, die dann als junge Erwachsene an die Werkbank im Okzident eilen sollen.
Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten, und das Unglück eilet schnell, wie es in der „Glocke“ heißt. Die Rechnung wird natürlich nicht aufgehen. Aber nie ist ein Mensch so dumm, als wenn er einer Theorie oder einer vorgefassten Meinung anhängt. Dann sieht er jede Kleinigkeit, die sein Vorurteil scheinbar bestätigt in grellstem Licht und sieht die bergegroßen Hindernisse, die diesem entgegenstehen, nicht. So wie man vom Bruttowert eines Mannes immer die Eitelkeit abziehen muss, um zum Nettowert zu kommen – wie Bismarck einmal bemerkt hat – so muss man von der Intelligenz eines Wirtschaftsfunktionärs, und sei er der Vorstandsvorsitzende von Daimler, immer sein Interesse abziehen, um zur tatsächlichen Urteilskraft zu kommen, und da kommt oft Null oder gar Negatives heraus…