Schlecht betreut? Ansichten einer Journalistin

Zum Leitartikel der Schwäbischen Zeitung vom 15. April 2015 : „Schlecht betreut“ erreichten uns die Kopien mehrerer Leserbriefe, welche die unsachliche Voreingenommenheit der Autorin gegen das Betreuungsgeld und deren Nutzer beanstanden. Für diese Dame gelten Kinder, die nicht in die Krippe müssen, als „schlecht betreut“.

Das Betreuungsgeld „zementiere“, dass Frauen bei ihrem Kleinkind zuhause bleiben, so der Vorwurf des Leitartikels.  Welch ein Verbrechen! Wie kann eine Mutter nur so arbeitsmarktvergessen sein und sich dem Anspruch von Politik und Wirtschaft zugunsten ihres Säuglings widersetzen! Wie kann kann eine Migrantin nur so freveln, ihrem Kind zuerst die Muttersprache zu vermitteln, bevor es später im Kindergarten zusätzlich Deutsch lernt! Wer seine Muttersprache beherrscht, lernt die Fremdsprache leichter, so die sprachwissenschaftliche Erkenntnis.

Tatsächlich, das Betreuungsgeld wirft verfassungsrechtliche Fragen auf: Darf man Steuergelder verplempern an Leute, die staatliche Angebote ablehnen? Es macht m. E. einen gewaltigen Unterschied, ob ich das Angebot der Bibliothek nicht nutze, oder ob ich die Kita für mein Kind ablehne. Bei meinem Kind geht es um personale Bindung, bei Leihbüchern nicht. Hier werden gebetsmühlengleich Äpfel mit Birnen verglichen, je öfter umso verbissener. Dass aber Steuergelder in zehnfacher Höhe des Betreuungsgeldes erwerbstätigen Eltern zugute kommt, das scheint offenbar o.k. zu sein. Die Frage ist: Wer darf uns diktieren, wie wir mit unserer Familie leben wollen, die Wirtschaft, die Politik, die Medien oder das Bundesverfassungsgericht?

A. Q.

Das Betreuungsgeld (BG) verstößt nach Ansicht der Hamburger SPD gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, verfestigt alte Rollenbilder und hält Frauen davon ab, nach der Geburt schnell wieder in den Beruf einzusteigen.

Ganz recht! Das BG verstößt massiv gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, aber nur weil es um 1000 € zu niedrig ist. Damit schafft der Staat eine Bevorzugung jener Mütter / Väter, die ihre Betreuungspflicht delegieren und disqualifiziert jene Eltern, die ihr grundgesetzliches Recht auf persönliche Betreuung ihrer Kinder wahrnehmen wollen. Eine Ungleichbehandlung von Eltern untereinander ist verfassungswidrig. Wer Art. 6 GG missachtet, der setzt sich früher oder später auch über andere Grundrechte hinweg. Demokratie adieu!

Der Staat hat auch niemandem ein Rollenbild vorzuschreiben, sei es alt oder nicht. Wer entscheidet, was als veraltet zu gelten hat? Wer darf uns vorschreiben, welches Familienmodell zu wählen ist? Wo steht geschrieben, dass sich Mütter möglichst bald nach der Geburt dem Diktat des Arbeitsmarktes zu unterwerfen haben? Sind wir denn schon wieder unter der Knute von Demagogen?

U.R.

Wir lesen, dass vor allem Eltern mit geringen Schulabschlüssen ihre Kinder von der Kita fern halten. Der Vorwurf: Gerade Kinder dieser Eltern hätten eine „professionelle“ Förderung am nötigsten. Arrogant unterstellt man, arme Eltern wären unfähig, Kinder zu erziehen. Abgesehen davon, dass solche Behauptungen längst widerlegt sind, hält man arme Eltern für primitive Schmarotzer, wenn sie Betreuungsgeld beantragen. Dabei brauchen auch arme Akademiker diese Leistung, wenn sie sich für ein Kind entscheiden. Auch Familien mit mehreren Kindern sind auf den Almosen BG angewiesen, selbst wenn die Eltern gebildet sind. Wer wegen seiner Kinder unter dem Existenzminimum leben muss, hat keinen Hunderter mehr übrig für eine Kita, er muss die Kinder zuhause betreuen oder günstigere Alternativen suchen. Betreuungsgeld  steht auch denen zu, die für ihre Kinder eine staatliche Betreuung ablehnen, weil sie diese für schädlich halten. Der eigentliche Skandal ist, dass man junge Leute und deren Familien mit einer familienblinden Politik in die Armut treibt.

In unerträglicher Überheblichkeit werden in der Schwäbischen Zeitung Leute abqualifiziert, ja diskriminiert, nur weil sie nicht dem Format entsprechen können oder wollen, das ihnen Politik und Medien vorschreiben.

A. S.

 

Ein Gedanke zu „Schlecht betreut? Ansichten einer Journalistin

  1. Komischerweise hetzen vorwiegend Frauen aus dem Familienministerium (!!!!) und kinderlose Journalistinnen gegen das Betreuungsgeld. Sind diese „wirtschaftsgesteuerten FRAUEN“ tatsächlich der Meinung, dass eine staatlich kollektive Kinderbetreuung besser als eine 1:1 elterliche Betreuung sei oder ist es die wachsende Beliebtheit des Betreuungsgeldes, weshalb selbsterziehende Eltern Diskriminierung, Spott und Häme durch Politik und Medien erfahren, weil sie aufzeigen, dass der milliardenschwere steuerfinanzierte öffentliche Betreuungsausbau offensichtich nicht den Elternwünschen entspricht sondern es sich hierbei um eine staatlich verordnete Ideologie handelt? Im letzten Quartal bezogen fast 400.000 Eltern Betreuungsgeld, das sind mehr als fünfmal so viele wie 2013, als die Leistung gerade eingeführt worden war.
    Und wie erklären die „Supernannys“ die Tatsache, dass die Bundesländer mit dem größten Ganztags- und Krippenangebot in Deutschland die meisten Schulabbrecher haben?? Bei einem erheblichen Mehr an außerfamiliären Bildungsangeboten sind die Raten der Schulversager im Osten fast doppelt so hoch wie im Westen (Ost: 9,0%; West: 5,2%).
    http://www.erzbistum-muenchen.de/media/pfarreien/media28420020.PDF
    Welche Kinder sind also schlecht betreut???

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