Gehetzte Eltern leiden unter Vereinbarkeitslüge

Irgendwann müsse mit der Vereinbarkeitslüge Schluss sein, meint Marc Brost, wirtschaftspolitischer Korrespondent der WELT, im Deutschlandradio Kutur: Arbeitende Eltern seien permanent gehetzt und übermüdet. Nicht nur Karrieristen würden darunter leiden, Job und Familie nicht unter einen Hut zu bekommen. Diese gehetzten Menschen, das sind wir.

Zum Lesen und Hören:

http://www.deutschlandradiokultur.de/familie-und-beruf-gehetzte-eltern-leiden-unter.1005.de.html?dram:article_id=315415

 

7 Gedanken zu „Gehetzte Eltern leiden unter Vereinbarkeitslüge

  1. „Arbeitende“ Eltern seien permanent gehetzt und übermüdet.
    Meinen Sie „erwerbstätige“ Eltern, Herr Brost? Es ist ja nicht so, dass Eltern ohne Erwerbstätigkeit nicht arbeiteten. Vielmehr haben diese einen 16-Std.-Tag! Nimmt man jetzt zu diesen 16 Std. noch 8 Std. Erwerbstätigkeit dazu, dann geht der Betrieb rund um die Uhr, für Schlaf ist also keine Zeit vorgesehen. Übermüdung ist vorprogrammiert, es sei denn, man vernachlässigt die Familie oder den Beruf, oder beides.

    Aber rechnen können unsere Politiker nicht. Hauptsache, Steuern und Abgaben fließen in die Kassen – alles andere interessiert nicht!

  2. Einige Jahre nachdem das Vereinbarkeitsmantra in die Welt gesetzt wurde, lassen die Protagonistinnen die letzten Schleier fallen: Gemeint ist die Vollzeit-Erwerbstätigkeit beider Elternteile bei paralleler Vollzeit-Fremdbetreuung der Kinder.
    Mein Verständnis des Wortes „vereinbaren“ sagt, dass da zwei gleichberechtigte Bereiche gleichberechtigt aufeinander abgestimmt werden sollen. Jeder der Bereiche hat dasselbe Gewicht = dieselbe Wichtigkeit. Im Fall von Erwerbsarbeit vs. Familienarbeit kann das nur erreicht werden, wenn die Familienarbeit eine ihrer gesellschaftlichen Bedeutung entsprechende Honorierung erfährt. Damit wird sie der Erwerbsarbeit gleichwertig an die Seite gestellt. Nur dann sind die aktuell immer hilflosen Vorschläge von Teilzeit-Arbeitsmodellen und „gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit“ ein gangbarer Weg zur Gleichberechtigung von Mann und Frau – auch im Hinblick auf die Nachteile, die Eltern in Konkurrenz mit kinderlosen Mitbewerbern am Erwerbsarbeitsmarkt unweigerlich in Kauf zu nehmen haben.
    Nach den Gesetzen des freien Marktes ist eine unbezahlte Dienstleistung eine nicht nachgefragte. Sie verschwindet sukzessive aus dem Angebot. Genau das ist es, was wir erleben: Der Wert der Dienstleistung der elterlichen Kindererziehung wird mit null angesetzt. Kinder werden zum privaten Luxus, der massiv wohlstandsmindernd ist. Was natürlich nichts daran ändert, dass die Kinder von heute in 20 Jahren die Zukunft schultern und die umlagefinanzierten Sozialkassen am Leben erhalten sollen. Das kann nicht funktionieren!

  3. Dieses Konstrukt BRD quetsch den Menschen auch noch den letzten Cent aus der Tasche! Es ist unfassbar, wenn man Merkel quatschen hört: „Deutschland geht es gut“! Wer oder was wird mit Deutschland gemeint?

  4. Ich bin mir gar nicht mehr so sicher ob es tatsächlich um Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht sondern um eine „diktatorische Demokratie“ (siehe Russland) nach dem Beispiel der ehemaligen DDR. Immerhin ist Kanzleramt und Familienministerium mit „Ossies“ besetzt. Also woher soll denn ein anderes Gedankengut – als die Wiederherstellung der DDR in der BRD – kommen?
    Leider wird dabei ausser Acht gelassen, dass die Pleiten-DDR von der BRD übernommen wurde. Wird mit TTIP schon die Übernahmevorbereitung der dann Pleiten-BRD getroffen????

  5. Ein Kommentar, der sehr nachdenklich macht- einen herzlichen Dank an Frau Martin!

    Beim Lesen einer Stelle des Kommentars war ich schon drauf und dran, Frau Martin zu widersprechen. Es ging um die Stelle, dass die Erziehungsarbeit, da unbezahlt, unter den Bedingungen des Marktes als etwas nicht Nachgefragtes und deshalb als eine Sache anzusehen sei, die zum Verschwinden verurteilt ist. Wäre es immer schon nach dem Marktpreis einer Sache gegangen – so wollte ich entgegnen – , dann wäre viel Großes nicht entstanden. Johannes Kepler hat nicht von seiner epochemachenden Entdeckung der Planetengesetze leben können, sondern vom Erstellen von Horoskopen für seine fürstlichen Arbeitgeber. Als Albert Einstein im Jahr 1905 gleich drei wunderbare Arbeiten veröffentlichte – zur Brownschen Molekularbewegung, zum lichtelektrischen Effekt, zur speziellen Relativitätstheorie – lebte er von einem bescheidenen Gehalt im Patentamt in Bern. Und Armstrong und Aldrin, die ersten Menschen auf dem Mond, sind auch keine reichen Leute geworden. Große Leistungen werden gewöhnlich nicht vom Markt belohnt, warum sollte es mit der wunderbaren Leistung der Erziehung anders sein? – wollte ich fragen.

    Bis mir denn einfiel, dass die Erziehung der Kinder nicht etwa „nur“ zum Nulltarif erfolgt. Tatsächlich steht sie unter Drohung materieller Strafe: Kinder sind ein Armutsrisiko. Und die durch Kinder verursachten materiellen Einbußen gelten in der Öffentlichkeit als ein vermeidbares Unglück, als Folgen einer Art von Torheit. Hätte Einstein seine großen Entdeckungen veröffentlicht, wenn man ihm zuvor erhebliche Gehaltseinbußen für seine „außerdienstlichen Aktivitäten“ angedroht hätte ? Wären Armstrong und Aldrin zum Mond geflogen, wenn ihr Unternehmen in Amerika als eine Art von Verrücktheit angesehen worden wäre?

    Fragen über Fragen – nochmals einen herzlichen Dank an Frau Martin!

  6. Lieber Herr Dr. Brosowski,
    dass mein Hinweis auf den „freien Markt“, der unbezahlte Produkte und Dienstleistungen als nicht nachgefragt eliminiere, etwas schief sei, war mir schon bewusst. Aber der Bodensatz, der trotzdem „am Markt“ bleibt (z.B. die Kinder, die trotzdem noch geboren werden), folgt anderen Auslösern: Noch immer gibt es – z.B. dank der biologischen Uhr, die bei den Frauen tickt – Kinder, die einfach kommen. Ebenso wie der Forscherdrang des Menschen sich nicht an irgendeinen Markt kehrt. Er folgt nach meiner Überzeugung dem Gesetz der Erbsünde („Ihr werdet sein wie Gott“). Aber sich darüber hier auszutauschen,führt wohl doch zu weit!

  7. Nachdem ich das Buch „Die Alles ist möglich-Lüge / Wieso Familie und Beruf nicht zu vereinbaren sind“, ein autobiografischer Bericht der beiden Journalistinnen Susanne Garsoffky und Britta Sembach, mit wenig Gewinn an neuer Erkenntnis gelesen hatte, kaufte ich mir gestern das Buch von Mark Brost und Heinrich Wefing: „Geht alles gar nicht / Warum wir Kinder, Liebe und Karriere nicht vereinbaren können“. Bis Seite 56 sehe ich auch hier nichts bahnbrechend Neues dargelegt. Alle vier Autoren verschwenden keinen Gedanken auf die Definition des Begriffes „Arbeit“. Sie meinen damit ausschließlich die bezahlte Erwerbsarbeit. Ausschnitt aus einem aufgezeichneten Interview: „Wer wäscht bei euch zu Hause die Wäsche?“ „Meine Frau. Sie kauft ein, kocht, kümmert sich um die Kinder. Wenn unsre Jungs aus der Schule kommen, hat sie gekocht. Und sie ist der Puffer für alle ihre Sorgen, allen Frust.“ „Wie alt sind eure Söhne?“ „16 und 18 Jahre.“ „Hat deine Frau mal gearbeitet?“ „Ja, sie hat Geologie studiert und ist dann in den Wissenschaftsjournalismus gegangen……“
    Wer solche Interviews führt, disqualifiziert sich m.E. als Autor zum Thema Vereinbarkeit.

Schreibe eine Antwort zu Dr. Gerd BrosowskiAntwort abbrechen