Familienpolitik – eine Frage der Prioritäten

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln veröffentlichte einen Beitrag des Volkswirtschaftlers Hans-Peter Klös, Leiter des Kompetenzfelds schulische und akademische Bildung, der die Prioritäten deutscher Familienpolitik in Frage stellt.

http://www.iwkoeln.de/de/presse/gastbeitraege/beitrag/101252

Unser Kommentar:

Sehr geehrter Herr Klös,

auf die Lektüre Ihres Beitrags: „Familienpolitik – eine Frage der Prioritäten“ mit der Behauptung, in Deutschland würden  für ehe- und familienbezogene Leistungen alles in allem etwa 195 Milliarden Euro aufgewendet, gibt es nur eine Reaktion:                       Lesen Sie, was es mit dieser Zahl auf sich hat und wie wenig davon Kindern in Familien zugute kommt:

http://www.heidelberger-familienbuero.de/Archiv-2012/FLA-Familienpartei-Petropulos-HBF-Vortrag-191111-Tabellen-Printfassung.pdf

So wird neben Hinterbliebenenrenten, den Kosten des Bildungssystems, der nur auf verhüllender Semantik beruhenden „beitragsfreien Mitversicherung“ auch das Kindergeld voll mitgerechnet, obwohl das Kindergeld zu 2/3 von den Eltern selbst erwirtschaftet wurde. Denn es ist nichts anderes als die Rückerstattung bereits abgezogener Lohnsteuer auf die Existenzminima der Kinder, also die Rückgabe von Diebesgut. Der Staat „schenkt“ also den Eltern das geklaute Geld wieder zurück und streicht sich das als Wohltat aufs eigene Butterbrot.

Übrigens rechnete das Ifo-Institut bereits 2005 vor, dass nach Abzug aller familienpolitischen Leistungen der Staat an jedem jungen Menschen einen Profit von        77 000 Euro einfährt.

Und das statistische Bundesamt gibt bekannt, dass 2011 die Eltern in Deutschland 100 Milliarden für ihre Kinder ausgegeben haben. Das bedeutet, dass Eltern in diesem Jahr  19 Mrd. Euro an Verbrauchssteuern in die Steuerkasse gespült haben. Der kinderlose Teil der Gesellschaft hat sich nicht nur die Kinderkosten sondern auch die entsprechenden Verbrauchssteuern erspart.

Der deutsche Aufwand an tatsächlich kinderbezogenen Leistungen gemessen am BiP liegt im europäischen Vergleich nicht vorn, sondern weit hinten. So rechnet der Sozialexperte Dr. Jürgen Borchert vor, dass Deutschland mit 2% hinter GB, Frankreich, Schweden und vor allem Dänemark mit 4% des BiP liegt. Für die Altersversorgung gibt Deutschland übrigens üppige 12 % aus.

Werter Herr Klös, Sie haben recht! Familienpolitik ist eine Frage der Prioritäten. Werden in Deutschland Kinder als gefräßiger Kostenfaktor betrachtet und Familien auf ihre Verwertbarkeit für wirtschaftliches Wachstum getrimmt, zieht man in Frankreich den Hut vor Eltern mit mehreren Kindern. Hier sieht man die kinderzahlabhängige Steuerermäßigung und die sonstigen kinderbezogenen Leistungen neidlos als Investition in die Zukunft. Das Ergebnis lässt sich schon heute daran erkennen, dass genügend junge Franzosen geboren werden. Ich stimme Ihnen zu, dass deutsche Familienpolitik von Anfang an MURKS ist, weil sie nämlich die Gesetze der Familiengerechtigkeit völlig ignoriert.

Dass eine renommierte Gesellschaft wie das Institut der deutschen Wirtschaft Köln Ihre unhaltbare Darstellung der Lage überhaupt ungeprüft veröffentlicht, wundert uns sehr. Wir Eltern hätten uns gewünscht,  dass Politik und Wirtschaft unsere Leistung für Unterhalt und Erziehung der nächsten Generation achtet und wertschätzt.

Mit freundlichen Grüßen

ELTERNINITIATIVE  FÜR  FAMILIENGERECHTIGKEIT

i. A. Bärbel Fischer

 

 

 

 

 

6 Gedanken zu „Familienpolitik – eine Frage der Prioritäten

  1. Was uns fehlt sind MEHRKINDFAMILIEN. Die brauchen aber keine Fremdbetreuung sondern finanzielle Sicherheit. In Deutschland wird aber die EINKINDFAMILIE favorisiert, weil sich so Familie und Beruf besser vereinbaren lässen.
    Aber solange die Wirtschaftspolitik die Familienpolitik dominiert, brauchen wir uns über steigende Geburtenraten keine Sorgen machen.

  2. Ich stimme Ihnen zu, Frau Erdmann, möchte aber auch sagen, dass ich von den finanziellen Nachteilen der Familien immer widerwilliger lese und höre, obwohl sie zweifellos stimmen. Die zunehmende Dominanz dieses Themas in der veröffentlichten Meinung der Familienvertreter erweckt den Eindruck, dass Kinder – krass gesagt – das Wohl der Eltern gefährden.
    In der Geschichte der Menschheit mussten Eltern stets Opfer für ihre Kinder bringen – auch materielle. Anders geht’s kaum, wenn man den Nachwuchs bis zu einem bestimmten Alter selbst betreuen und erziehen möchte. Während dies früher als Selbstverständlichkeit galt, wird heute minutiös verglichen und aufgerechnet.
    Mir scheint, dass Familien von Schlimmerem bedroht sind, wie etwa dem ideologischen Wertewandel im Zusammenhang mit Kindern, der möglicher Weise Rückenwind erfährt durch zu häufige und laute Klagen über finanzielle Benachteiligung.
    Während Kinder früher – trotz elterlicher Opfer – allgemein als Segen und Bereicherung galten, werden sie heute reichlich stark in die Perspektive finanzieller Belastung gerückt. Es scheint fast schon ein Muss, dass Eltern zuerst prüfen, inwieweit sie sich Kinder überhaupt „leisten“ können, bevor sie eine Entscheidung treffen, die den gewohnten Lebensstandard nicht zu sehr belastet.
    Einstmals war der Gedanke wichtig, dass Kinder vor allem gesund und lebenstüchtig groß werden. Heute scheint vor allem wichtig, dass man ihnen etwas „bietet“. Diese häufige Formulierung erinnert mich an Konsumvorstellungen, zumal von echter bitterer Armut oftmals nicht die Rede sein kann, auch wenn Berichte immer wieder den Teufel an die Wand malen. Bei vielen Eltern scheint es sich aber eher um eine „gefühlte“ Armut zu handeln, weil Kinder das gewohnte Konsumniveau einschränken.
    Ich denke, wir täten gut daran, uns in der Diskussion nicht zu sehr auf die gewollte Konsumschiene des Gender-Maintreamings einzulassen. Mit ihr fördern wir das erklärte Ziel, die Erwerbstätigkeit von Eltern zur Regel zu machenund die Erziehung des Nachwuchses unter staatliche Aufsicht zu bringen.
    Nur zu gern würde das politische und wirtschaftliche Establishment auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits die Wirtschaft mit genügend Arbeitskräften versorgen und den Staat mit üppigen Steuern und Abgaben – andererseits die Kinder zu einer einheitlichen Masse erziehen, die gelernt hat, der Obrigkeit gegenüber loyal zu empfinden, weil diese sie überwiegend großgezogen hat.
    Kurzum: Kritik an der finanziellen Benachteiligung von Familien ist gut und richtig, doch kann sich meiner Meinung nach das Verlieren in diesem Thema als folgenschwer erweisen, weil es andere ernstzunehmende Dinge hintanstellt.

  3. Ja, liebe Frau Prasuhn, auch ich fühle mich angesprochen von Ihrer Kritik. Sie haben schon recht, wenn Sie die Gefahren unseres Engagements ansprechen. Der Schuss soll ja nicht nach hinten losgehen. Nur, es geht uns gar nicht in erster Linie um die Moneten, sondern darum, dass Eltern nicht benachteiligt werden dürfen gegenüber der kinderlosen Gesellschaft, wie das die Karlsruher Richter einst anmahnten. In Frankreich gibt es diese Grabenkämpfe nicht, weil dort ein kinderzahlabhängiges Steuersystem installiert ist, das Elternschaft würdigt und nicht würgt. Aber es geht auch um Gerechtigkeit zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Müttern, wobei Elterngeld und Krippenzuschüsse auf der einen Seite und Almosen auf der anderen nicht akzeptabel sind. Erst Gerechtigkeit schafft Würde. Wir kämpfen nicht einen materiellen Kampf, sondern einen Kampf gegen die Demütigung von Eltern und einen Kampf für die Freiheit wählen zu dürfen, wie wir mit der Familie leben wollen. Keinesfalls dürfen Eltern gegen Eltern ausgespielt werden, aber es müssen gerechte Strukturen geschaffen werden. Das ist unser Ziel.
    Was die Opferbereitschaft betrifft, denke ich auch, dass die jungen Frauen bei der Entscheidung, Kind ja oder nein, schon begreifen, dass Kindererziehung zwar Seligkeit und Erfüllung, aber auch einen ungeheuren Einsatz an Hingabe bedeutet. Weil aber die familiäre Herausforderung junge Frauen in Deutschland automatisch zu Verlierern macht, auch was die beruflichen Chancen nach der Familienzeit betrifft, kann man es ihnen nicht verdenken, dass sie sich für die berufliche Karriere entscheiden.
    Frau Prasuhn, Ihre Mahnung sagt uns, dass wir bei unseren öffentlichen Äußerungen glasklar unser Anliegen Familien-und Generationengerechtigkeit transportieren müssen, wobei jeder weiß, dass es auf Erden die vollkommene Gerechtigkeit nicht gibt. Aber nur mit den Schultern zu zucken, das reicht eben auch nicht.

  4. Liebe Frau Fischer,
    eigentlich wollte ich weniger kritisieren als mahnen. Vielleicht aber läuft beides aufs Gleiche hinaus.
    Ich kann auf Grund des Namens Ihrer Elterninitiative auch verstehen, dass Ihr Schwerpunkt die Frage der Gerechtigkeit ist, wozu zweifelsfrei eine ausgewogene finanzielle Behandlung aller Eltern gehört und nicht die Bevorzugung eines Familienmodells.
    Für mich stehen bei allen Fragen immer die Kinder im Mittelpunkt, die durch den Wandel unserer Gesellschaft am meisten in Mitleidenschaft gezogen werden. Sie können weder über Hier und Jetzt entscheiden noch über ihre Zukunft, die nur Folge eines immer größeren Raubbaus in der Gegenwart ist, zu dem ganz wesentlich auch der am Seelenleben unserer Kinder gehört, wenn sie zu einer völlig widernatürlichen Art des Aufwachsens gezwungen werden.
    Es geht auch nicht darum, Eltern gegen Eltern auszuspielen. Es geht aber darum, verschiedene Erziehungsmodelle unter der Frage des Kindswohls zu betrachten. Wenn wir das nicht mehr wagen oder dürfen, überlassen wir das Feld den falschen Verführern, die in ihrer Siegesgewissheit vermutlich nicht das geringste Interesse daran haben, die häusliche Erziehung mit der institutionellen finanziell gleichzustellen. Man wird vermutlich sagen: „Was hindert Euch daran, die Kinder betreuen zu lassen? Wenn Euch das nicht gefällt, seid Ihr selbst schuld an Euren schwachen Finanzen. Tragt also das Ergebnis Eurer Wahl mit Fassung und Würde.“
    Wenn man aus Rücksichtnahme auf andere Eltern nicht mehr begründen darf, warum man das Kind in seinen ersten Lebensjahren nicht in fremde Hände geben möchte, dann sieht’s düster aus mit der Überzeugungskraft. Dann ist man gezwungen, mehr oder weniger auf Basis reiner Geschmackssache zu argumentieren.
    Das Grundgesetz gibt zwar eine solche freie Wahl ohne besondere Begründung her, doch leider interpretieren es Richter, die immer mehr zum verlängerten Arm der Politik werden.

  5. Sehr geehrte Frau Prasuhn,
    es stimmt was Sie sagen, dass früher Eltern Opfer für ihre Kinder gebracht haben, aber in dem Bewusstsein, dass Kinder im Alter für ihre Eltern da waren. Dies wurde aber im Laufe der Zeit auf den Kopf gestellt, denn zwischenzeitlich haben Kinderlose mehr von den Kindern anderer Leute als die Eltern selbst. Dass immer mehr Eltern „working poor“ erleben und deren Kinder in Armut leben müssen, zeigt dass in unserer „Wohlstandsgesellschaft“ immer noch Eltern Opfern für ihre Kinder bringen und es werden täglich mehr. Nicht umsonst sollte heimlich der Armutsbericht „aufgepeppt“ werden.
    Es gibt einen lesenswerten Artikel „Der Kapitalismus zersetzt die Familie – ganz subtil“ der eine sachliche Erklärung für den Familienzustand in Deutschland liefert.
    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/philosoph-dieter-thomae-der-kapitalismus-zersetzt-die-familie-ganz-subtil-11994613.html

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