Kinderreichtum=Familienarmut

Stuttgart.
Beim Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht man die heute vom Statistischen Landesamt veröffentlichte Zahl der Geburten des Jahres 2011 mit Sorge. 88 800 Kinder kamen in Baden-Württemberg zur Welt. Vor 50 Jahren waren es noch beinahe doppelt so viele. Nach Auffassung des VBE werden Kinder heute nicht nur von vielen Paaren, sondern auch von der Gesellschaft leider mehr als Belastung denn als Bereicherung angesehen.

http://www.vbe-bw.de/wDeutsch/presse/meldungen/2012_08_25.php?navid=24

4 Gedanken zu „Kinderreichtum=Familienarmut

  1. Habe soeben im Rundfunk von einem Reichtum und einer Armut der ganz anderen Art gehört. Angeblich sollen Familien im Schnitt sehr viel reicher sein an Glück und Zufriedenheit als Singles. Während sich nur ein Drittel der Singles als zufrieden bezeichnet, sind es in den Familien zwei Drittel der Erwachsenen.
    Schade, dass dieser Reichtum bzw. diese Armut nur am Rande wahrgenommen wird, während die finanzielle Sichtweise ständig im Mittelpunkt steht.

  2. @ K. Maurer
    Das ist mit Sicherheit richtig – nur wenn nichts zu Essen auf dem Tisch steht und soziale Teilhabe für die Familie nicht möglich ist, Kinder sich schämen „arm“ zu sein, überdecken „existienzielle Nöte“ den von Ihnen beschriebenen „Reichtum“.

  3. Ich weiß nicht, Frau Erdmann, ob ich Ihnen zustimmen soll.
    Dass nichts zu essen auf dem Tisch steht (oder stehen kann), ist schwer vorstellbar. Unser Staat, der immer mehr unter seinen sozialen Lasten stöhnt, scheint mir doch dafür gesorgt zu haben, dass keiner mehr wirklich hungern muss. Vielleicht spielt eher eine Rolle, WAS zu essen auf dem Tisch steht, und da gibt es Unterschiede, die ich aber natürlich finde.
    Und sind es wirklich „existenzielle Nöte“, die Sie da nennen? Es sind doch vorwiegend „Nöte“, die durch Vergleiche mit anderen entstehen, die mehr haben als man selbst. Wenn ich die Klage höre, dass Kinder traurig sind und sich schämen , weil sie nicht teure „Markenklamotten“ haben wie ihre Mitschüler, dann verstehe ich die Welt nicht mehr und frage mich, welche Werte diese Eltern vor Augen haben, in welche Skala sie solche „existenzielle Notwendigkeiten“ einordnen.
    Und dann ist da immer wieder die Klage über den Mangel an kultureller Teilhabe. Dass „arme“ Kinder Klassenfahrten mitmachen können, dafür ist gesorgt, wenn diese nicht Luxustrips sind, die den Rahmen sprengen. Solche Fahrten müssen aber auch nicht sein. Und Geld für die Mitgliedschaft in Vereinen steht auch zur Verfügung sowie für vieles mehr an Kultur.
    Mit meinem Leserbrief wollte ich nur zum Ausdruck bringen, dass ich es schade finde, wenn jener „Reichtum“, den ich für außerordentlich wichtig halte (besonders für die Kinder!), immer zu schnell beiseite geschoben und kaum beachtet wird, weil das Geld zunehmend den Horizont bestimmt und für allgemeine Miesepetrigkeit sorgt.
    Ich stelle mir eine sogen. „arme“ Familie vor, die kein Geld hat für teure Urlaube und sonstige kostspielige Aktivitäten. Also wird gemeinsam gewandert, geradelt, gespielt und gepicknickt.
    Daneben gibt es die Familie, die regelmäßig in den Fernurlaub fliegt und den Kindern ein kostspieliges Entertainment bucht. Am Wochenende wird dafür ebenfalls gesorgt.
    An diesen mit Absicht sehr konträren und einseitig beschriebenen Familien möchte ich klarmachen, wie diffus und vielfältig der Begriff „Reichtum“ ist und dass wenig Geld oft für mehr Reichtum der anderen Art sorgt. Es ist ja auch bekannt, dass in den sogen. armen Ländern die Zufriedenheit der Menschen weit höher ist als in den reichen, obwohl dort wirklich noch gehungert wird.
    Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Natürlich bin ich gegen eine Politik, die Singles und kinderlose Paare finanziell bevorzugt und Familien eklatant benachteiligt, wahrscheinlich um letztere abhängig und gefügig zu machen. So ganz blauäugig bin ich denn doch nicht.
    Mich stört allerdings, dass Kinder immer mehr in den Geruch von reiner Last und Bürde kommen, ohne dass parallel die Kehrseite der Medaille deutlich wird: das Glück und die Zufriedenheit der anderen Art. Wenn sie aus unserer Sicht verschwindet, stirbt der Wunsch nach Kindern endgültig aus. Dann hat sich die radikal feministische Brille durchgesetzt, dass Kinder für Frauen nur ein Klotz am Bein sind und der Staat dafür sorgen muss, dass sie den Müttern so schnell und so lange wie möglich vom Leib gehalten werden.
    Entschuldigen Sie bitte meine Weitschweifigkeit! Aber wem das Herz voll ist,…

  4. Sehr geehrte Frau Mauer, ich selbst bin Mutter von vier schulpflichtigen Kindern. Von wegen Bildungsfreiheit. Zum Schuljahresbeginn kommt die erste Rechnung: Heute wird nicht mehr in die Hefte geschrieben sondern es gibt für alle Fächer „Workbooks“. Die Sprachbücher kaufe ich selbst – einmal um nachzuschlagen und um es dem nächsten Kind weiterzugeben. Dann Kopiergeld und die regelmässigen Spendenaufforderungen seitens des Elternbeirates und Schul-Fördervereines mit der Begründung, dass die Schule nicht ausreichend mit finanziellen Mitteln vom Staat ausgestattet sei und wenn der Computer-, Chemie- und Physikraum auf dem Neuesten Stand sein soll, doch bitte die Eltern spenden mögen. Zwischendrin Schüleraustausch, Theateraufführung, Landschulheim. Zum Schuljahresende der Highlight: Literatur für Deutsch und sonstige Sprachen (die nie zu Ende gelesen wird), Schulfeste und Schulausflüge. Der Sportverein möchte einheitliche Sportkleidung im Mannschaftssport: am besten zwei Ausstattungen die selbstverständlich preisgünstig angeboten werden, aber dennoch für meine Verhältnisse ein Vermögen kosten (wie gesagt: alles mal vier!!!) Der Verein macht natürlich auch Jugendarbeit – er möchte schliesslich die Jugendlichen halten und neue anlocken – und bietet Ausflüge an. Auch preisgünstig aber immer mal vier!!!
    Die Ausweispflicht und die gestiegenen Anforderungen hierzu kosten ebenfalls 23 Euro mal vier!!! Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.
    Das hat nichts mit Markenkleidung oder kostspieligen Schulausflügen zu tun, denn was wir uns nicht leisten können, ist für unsere Kinder tabu – auch wenn es sich um schulische Veranstaltungen handelt die dummerweise von Eltern mit nur einem Kind und Doppelverdienst locker aus der Portokasse geleistet werden können.

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