Belohnen statt bestrafen?

Sehr geehrte Frau Lennartz,

Sie haben recht, der Ton macht die Musik. Es wäre besser gewesen, die jungen CDU-Politiker hätten eine Diskussion um die Gleichbehandlung von Familien mit der  kinderlosen Bevölkerung angestoßen. Es geht nämlich nicht darum, Familien besser zu stellen, sondern darum, ihren generativen Beitrag zu den Sozialsystemen zu würdigen, den ja Kinderlose nicht leisten, egal, ob sie biologisch oder aus freier Entscheidung kinderlos sind.

Eine Besserstellung von Familien sehen Sie – grundlos – bereits in mehrerer Hinsicht verwirklicht:

  • in dem niedrigeren Beitrag zur Pflegeversicherung. 2001 verlangte das BverfG in seinem Pflegeurteil, dass Eltern von Kindern nicht schlechter gestellt werden dürfen als Kinderlose. Heraus kam eine Erhöhung der Beiträge um 0,25 % auf 1% des Bruttoeinkommens. Bei einem Jahresbrutto von 30 000 Euro ergibt sich für ein kinderloses Ehepaar eine jährliche Erhöhung von 75 Euro gegenüber Eltern, pro Monat 6,25 Euro. Dieses PLUS spricht Bände!
  • in der „beitragsfreien“ Mitversicherung der Kinder. Hier darf ich Sie mit dem vorsitzenden Richter des hessischen Landessozialgerichts, Dr. Jürgen Borchert, auf einen Irrtum hinweisen. Dadurch, dass der Familienvater von drei Kindern sein Einkommen durch 5 teilen muss, zahlt jedes Familienmitglied auch ein Fünftel des Beitrags zur Krankenversicherung. Beispiel: Jahresbrutto: 30 000.- / Jahresbeitrag KV: 2 460.- , Anteil pro Person: 6000.- / Jahresbeitrag pro Person  492.- De facto versichert sich jede Person mit einem Fünftel selbst, ist also nicht beitragsfrei mitversichert. Es wird immer vergessen, dass die Familienmitglieder nicht nur auf dem Papier stehen, sondern  Menschen mit Bedarfen sind, und deshalb eben auch Anspruch auf je einen Teil des elterlichen Einkommens haben. Beitragsfrei mitversichert wäre die Familie erst, wenn allein der Verdiener nur ein Fünftel seines Beitrags entrichtete. Trotzdem wird das Schlagwort genüsslich weiterverbreitet.

Die frühere Familienministerin UvdL  rühmte sich 2006 sehr wohl und pries lautstark die astronomisch hohe deutsche Familienförderung von sage und schreibe 184 Milliarden. Grundlage dieser Berechnung war ein 15-seitiges Papier mit allen familienbezogenen Leistungen und Maßnahmen des Staates, zu denen sie unredlich auch Bildungsausgaben, Ehegattensplitting, Witwenrenten, Absetzbarkeit von Haushaltshilfen etc. rechnete. Außerdem musste sie zugeben, dass Familien mit Kindern etwa 54 % der gesamten Familienförderung von den Eltern über Steuern mitfinanziert werden ( Refinanzierung ). Die Kritik an den Zahlen blieb nicht aus. Deshalb wurde der Familienlastenausgleich 2008 durch eine Expertenkommission auf 49 Mrd. Euro ( Steuerfreiheit des Kinderexistenzminimums, Kinderfreibeträge) festgeschrieben. Der Paritätische Wohlfahrtsverband kam bei seiner Berechnung auf nur 38,6 Milliarden für Kinder und Eltern. Noch immer geistern aber die 184 Mrd. durch die Medien.

Sehr geehrte Frau Lennartz, weder müssen Familien belohnt, noch Kinderlose bestraft werden, sondern es muss Gerechtigkeit gelten.  Das Vokabular: Strafzahlungen, Kindersoli, Malus stammt nicht von den jungen CDU-Politikern. Sie wollen nichts als kinderzahlbezogene Sozialabgaben. Sie wollen auch keinen Generationen- und keinen Gesellschaftskrieg. Auch das wird ihnen unterstellt. Die Schmähungen kommen aus den Parteien und den Medien. Man kann alles in den Dreck ziehen, wenn man nur das entsprechende Vokabular benutzt.

Im Anhang füge ich die offizielle Tabelle 2012 zum horizontalen Vergleich über das frei verfügbare Einkommen je nach Familienstand bei ( Quelle: Deutscher Familienverband, Berlin). Hier sehen Sie auf einen Blick, wie viel Verlust Familien mit jedem weiteren Kind erleiden.

Ich darf schließen mit einem Zitat des ehemaligen Präsidenten des Caritasverbandes, Hellmut Puschmann:

„Es gibt viele Methoden, sich dauerhaft zu ruinieren. Eine der erfolgversprechendsten in Deutschland ist die Gründung einer mehrköpfigen Familie.“

Damit grüße ich Sie freundlich

Bärbel Fischer

für die ELTERNINITIATIVE FÜR FAMILIENGERECHTIGKEIT

im Landkreis Ravensburg

 

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