Sehr geehrte Frau Renate Schmidt

Sehr geehrte Frau Familienministerin a. D. Renate Schmidt!

Der neuesten Ausgabe von DFV-Familie entnahmen wir Ihren Beitrag aus der Bertelsmann-Broschüre: „Familienpolitik im 21. Jahrhundert“

Sie haben recht: Die Alleinverdienerfamilie hat ausgedient. Aber nicht weil sie untauglich war, sondern weil heute die Einkommen der Eltern viel zu niedrig, und die Sozialabgaben viel zu hoch sind. Die deutschen familienpolitischen Gegebenheiten, sprich: die verweigerte finanzielle Honorierung elterlicher Erziehungsarbeit, zwingen beide Eltern in den Erwerb. Bis ins vorletzte Jahrzehnt war es ein Vorteil für die Familien, dass die Mütter von Erwerbsarbeit freigestellt waren, um sich ganz um die Kinder kümmern zu können ( und nicht etwa, um den Männern den Rücken frei zu halten, wie man feministisch argumentiert). Diese Organisation ersparte den Kindern den täglichen Umzug von einem Aufenthaltsort zum anderen, den täglichen Bruch von einer Beziehungsperson zur anderen, den lauten Kantinentisch, das tägliche Heimweh nach Mama und Papa und die Wut, beiseite geschoben worden zu sein. Sie ersparte aber auch den Eltern den morgendlichen Übergabe-, und den abendlichen Abholstress. Bis zur psychischen Erschöpfung addieren sich tagtäglich die beruflichen und familiären Ansprüche für die Eltern.

Dass die finanziellen Möglichkeiten einer Familie immer mehr schrumpfen ist kein unabänderliches Schicksal, sondern eine Frage der Politik, die bislang unfähig ist, Familienarbeit so zu bewerten, wie es erforderlich wäre. Kein Kind müsste in Armut geraten, keiner Mutter blühte Altersarmut, wenn Familienarbeit als geldwerter Beitrag zu unseren Sozialsystemen oder durch ein Erziehungsgehalt anerkannt würde. „Es kann doch nicht darum gehen, die Erwerbsquote von Müttern zu erhöhen, damit sie als die Opfer des Sozialstaats die Folgen ihrer Diskriminierung selbst „wegarbeiten“, wie es die Bundesregierung will. Sie ruft Eltern auf, mehr (bezahlt) zu arbeiten, anstatt die ungerechtfertigten staatlichen Belastungen von Familien abzubauen. Im Koalitionsvertrag 2002 heißt es: „Wir werden Eltern dabei unterstützen, durch Erwerbsarbeit ihren Unterhalt selbst zu verdienen, damit sie wegen ihrer Kinder nicht von Leistungen der Sozialhilfe abhängig werden.“ Kein Wort zum Unrecht gegenüber der Mehrzahl der Familien, die nicht sozialhilfeberechtigt sind und denen der Steuer- und Abgabenstaat noch nicht einmal das steuerrechtliche Existenzminimum belässt“. (Dr. Clemens Christmann)

Mit einem Erziehungsgehalt hätten wir tatsächlich ein brauchbares Doppelverdienermodell ( Erwerbsarbeit + Familienarbeit ) unter Wahrung des Kindeswohls. Allein darum geht es. Hier schreien die Feministinnen laut auf, denn das Kindeswohl bedeutet ihnen null und nichts, das vermeintliche Frauenwohl dagegen alles! Ohne Sorge um materielles Auskommen könnten dagegen Eltern sich für weitere Kinder entscheiden. In freier Wahl könnten sie selbst entscheiden, welches Familienmodell für sie am besten passt.

Allerdings wollen Politik und Wirtschaft die freie Wahl eines Familienmodells verhindern, weil es ihnen allein darum geht, möglichst viele gut ausgebildete Frauen in (billiger)Erwerbsarbeit und als Steuerzahlerinnen zu sehen. Dies gelingt am besten durch Verknappung der Mittel. Auch die Drohkulisse Altersarmut zeigt ihre Wirkung. Mit Schmeicheleien wie „Selbstverwirklichung“ und „Emanzipation“ lassen sich kluge Frauen heute allerdings nicht mehr ködern. Hilfreich ist aber auch, wenn man sie als „Heimchen am Herd“ verspottet, sollten sie ihre Kinder selber erziehen wollen. Oder man macht ihnen den Vorwurf, sich dem Wachstum unserer Wirtschaft zu verweigern. Irgendwie werden die Frauen schon weichzuklopfen sein! Irgendwie müssen sie ihre Sklavenrolle annehmen, denn eine freie Entscheidung für ihr Modell FRAU ist in weite Ferne gerückt.

Uns ärgert maßlos, dass man es hierzulande als gottgegebenes Schicksal hinnimmt, dass
– Frauen bei gleicher Arbeit weniger verdienen als Männer
– Mütter nach der Familienzeit keine adäquaten Arbeitsplätze mehr vorfinden
– Mütter sich trotz unermüdlichem Einsatz für die nachfolgende Generation mit einer Minirente begnügen müssen
– immer mehr Kinder unter die Armutsschwelle rutschen
– Jungen die Verlierer unseres Bildungssystems sind
– sich Mütter mit 300 Euro Elterngeld begnügen müssen, weil sie mehrere Kinder zu betreuen hatten.

Frau Schmidt, die beschriebenen Zustände sind nicht in Stein gemeißelt. Hier ist die Politik so verantwortlich wie gefordert! Und sie kann die Verhältnisse ändern – wenn sie nur will.

Ihre und die Ratschläge Ihrer Nachfolgerinnen, auf mehr Vereinbarkeit und daher auf mehr außerfamiliäres Kinderleben zu setzen, sind so familienfeindlich wie uneffektiv, wie man leicht an den Geburtenziffern ablesen kann. Ja, wir nennen diese sogar antiquiert. Denn die Skandinavier und die Franzosen sind längst weiter als wir „tumben teutschen“! Aus schlechten Erfahrungen mit entmutterten depressiven oder gewalttätigen Jugendlichen haben sie längst den Rückwärtsgang eingeschlagen und zahlen den Eltern für persönliche Betreuung lieber ein üppiges Betreuungsgeld, als jahrelange therapeutische Behandlung mit geringen Erfolgsaussichten. Mütterliche Präsenz und Bindung in wenigstens den ersten 3 Jahren zahlt sich in jedem Fall aus. Wollen wir alle Fehler unserer europäischen Nachbarn wiederholen?

Damit, sehr geehrte Frau Schmidt, hoffen wir, Ihnen den Standpunkt unzähliger Familien vorgestellt zu haben. Sie alle bekommen in Deutschland für ihre Familienarbeit keinen einzigen Cent, während erwerbstätige Mütter die „Aufbewahrung“ ihrer Kinder mit ca. 1000.- Euro subventioniert bekommen. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie zu einem Sinneswandel bereit wären und sich im Sinne der wissenschaftlichen Erkenntnisse für ein Kinderleben in Sicherheit und Geborgenheit bekennen würden. http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnavigation/startseite#/beitrag/video/1439762/Der-Weg-zum-Superkind
Wir haben den Atomausstieg geschafft, wir werden auch den Ausstieg aus der Entfamilisierung schaffen.

Für die ELTERNINITIATIVE für FAMILIENGERECHTIGKEIT im LANDKREIS RAVENSBURG grüßt Sie zuversichtlich
Bärbel Fischer

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