Geben und Nehmen – Wie ein echter Generationenvertrag funktioniert

Ein echter Generationenvertrag basiert darauf, dass jeder fähige Mensch im Laufe seines Lebens für seinen Unterhalt selbst aufkommt und nicht auf Kosten anderer lebt. Das geschieht über das Prinzip: Geben und Nehmen, also über Vorschuss und Rückerstattung.

In unserem  Menschenleben durchlaufen wir drei Phasen: Kindheit/Jugend ( K ), Erwerbsalter ( E ), Ruhestand ( R ). Nur in der Zeit unserer Erwerbstätigkeit haben wir Einkünfte. Mit diesen Einkünften müssen wir sowohl der vorangegangenen Generation den genossenen Vorschuss als Rente zurückzahlen als auch das Heranwachsen und die Ausbildung der Generation K finanzieren. Mit Eintritt in das Erwerbsleben beginnt diese wiederum, den von der Elterngeneration erhaltenen Vorschuss als deren Renten zurückzuzahlen und gleichzeitig der nachgeborenen Generation wiederum eine gute Startchance zu finanzieren. Die Generation E muss also sehr viel Geld für Vorschuss und Rückerstattung aufwenden, was sicher eine Einschränkung der Ansprüche bedeutet. Die Beiträge in die Sozialkasse bilden demnach kein Kapital, auf das ein Mensch im Alter einen eigenen Anspruch hätte. Nein, der alte Mensch ist auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass genügend Kinder geboren werden, heranwachsen, eine gute Ausbildung erhalten und erwerbsfähig bleiben.

Ein echter Generationenvertrag ruht also auf den Säulen K, E und R.

Nun weist unser Generationenvertrag seit 1957 einen kapitalen Strukturfehler auf, denn er basiert lediglich auf den Stützen E und R und und übergeht die Ansprüche der Jugend. Die in die Rentenkasse einbezahlten Beiträge werden ausschließlich zur Versorgung der Ruheständler verwendet. Trotz einzelner staatlicher Transferleistungen bleibt den Eltern allein die Kostenlast für ihre Kinder. Das führt dazu, dass Eltern von Kindern zum doppelten Konsumverzicht gezwungen sind, nämlich einerseits durch die Finanzierung des Lebensunterhalts für ihre Kinder und andererseits durch verminderte Renten, da die Erziehungszeit Erwerbszeit kostete. Dagegen können seither Erwerbstätige ohne Kinder die volle Rente ausschöpfen und die eingesparten Kinderkosten auf die hohe Kante legen. Fakt ist, die einen konsumieren auf Kosten der anderen. Ein Generationenvertrag in gefährlicher Schieflage!

Diese Schieflage ist mitverantwortlich für den Geburtenschwund in unserem Land, weil junge Leute nicht mehr einsehen, warum sie als zukünftige Eltern doppelt belastet werden sollen. Seit Jahrzehnten werden daher sehr viel weniger Kinder geboren, als zum Erhalt des Systems notwendig sind. Ein echter Generationenvertrag kann aber nur bei ausreichendem Nachwuchs funktionieren. Die Folgen spüren wir schon heute trotz boomender Wirtschaft: Fachkräftemangel, sinkende Renten, Altersarmut, Armut von Kindern und Eltern, sinkende Löhne, Zurückhaltung bei Investitionen, Verschuldung etc.

Will die Politik es weiterhin zulassen, dass sich Kinderlosigkeit auszahlt? Will sie weiterhin Familien als Lastesel der Nation missbrauchen? Oder will sie endlich die überfällige Korrektur einleiten? Wie viele Experten bestätigen, muss unser Generationenvertrag so reformiert werden, dass endlich die Säule K zum Tragen kommt. Dann wird es Paaren leichter gemacht, eine Familie zu gründen und diese ohne Einbußen zu unterhalten. Elternschaft verdient nicht Almosen, sondern höchste Anerkennung und Respekt.  Erziehungsarbeit muss der Erwerbsarbeit gleichgestellt werden, d. h. dass Eltern sich über ihre Erziehungsleistung ein Einkommen und damit eine Rentenanwartschaft erwerben.

Dazu muss aber die Nation endlich über die wahren Zusammenhänge von Vorschuss und Rückerstattung aufgeklärt werden und vor allem darüber, dass eine gerechte Verteilung der Lasten ein Gewinn für unsere Gesellschaft bedeutet. Und sie wird sich auszahlen.

Bärbel Fischer

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