Ehegattensplitting und Kindergeld zum Abschuss freigegeben

Die WELT: Viele Frauen wollen lieber ihre Kinder betreuen statt zu arbeiten. Wer es dennoch tut, gilt auch heute noch oft als Rabenmutter. Kann die Politik diesen Kulturfaktor ausschalten?

Die WELT stellt völlig falsche Fragen. Ist Kinderbetreuung denn keine Arbeit? Kinderlose Frauen haben einen Achtstundentag, Mütter von Kleinkindern dagegen haben gar keinen Feierabend! Trotz dieser Härte wollen Mütter offenbar lieber für ihre Kinder da sein, als dass sie die deutsche Wirtschaft am Laufen halten wollen. Für Jutta Allmendinger ist das verwerflich. Ganz bewusst bemüht WELT den Popanz „Rabenmutter“, der suggerieren soll: die bösen, bösen erwerbstätigen Mütter! Die Politik solle bitteschön diesen Kulturfaktor ausschalten! Dabei gibt es gar nichts auszuschalten, denn in Deutschland sind die erwerbstätigen Mütter bei einer Quote von 61,4% in der Überzahl. In Frankreich sind nur 59,1% aller Mütter erwerbstätig. Warum also zerren die Medien die „Rabenmutter“ immer wieder aus der Mottenkiste? Weil es sich mit Feindbildern so trefflich ideologisieren lässt.

Noch vor kurzer Zeit waren „Selbstverwirklichung“ oder „Emanzipation“ der Honig, den man Frauen ums Maul strich, um sie aus dem Kinderzimmer zu locken. Heute in Zeiten des Fachkräftemangels macht man sich diese Mühe nicht mehr. Heute erklärt man Mütter für arbeitsscheu, wenn sie sich mit allem Einsatz um ihre Kinder kümmern wollen.

Das selbe Spielchen wird mit den Kindern gemacht. Mit wohlklingenden Verheißungen wie „Frühförderung“ und „Bildungschancen“ wird verbrämt, was nichts anderes ist als das Parken von Kindern in Krippen zum Wohl des Marktes. Ginge es um das Kindeswohl, so würden heute an den Hochschulen massenhaft Pädagogen und BetreuerInnen ausgebildet. Für
500 000 neue Krippenplätze braucht man bei einer 1:5-Betreuung 100 000 neue ErzieherInnen. Wo sind die neuen Fachhochschulen, wo die Lehrpläne? Wo bleiben die StudentInnen? Wo ist der Haushaltsposten für diese neue Aufgabe?
Qualitätsdebatte – Fehlanzeige!

Kollektiverziehung von Kleinkindern wird sich rächen. Will man in den Schulen der hohen Versagerquote beikommen, bleibt nichts anderes übrig, als die Schüler 1:1 individuell zu fördern. Kinder lernen lustvoll in personaler Nähe – das ist für Eltern, Lehrer und Hirnforscher eine Binsenweisheit. Unsere Politik aber glaubt, diesen biologischen Anspruch der Kinder auf dem Altar Arbeitsmarkt opfern zu dürfen.

Und nun zu Splitting und Kindergeld. Würde das Ehegattensplitting abgeschafft, hätte der Steuerzahler viele Milliarden mehr an Pflege-und Unterhaltskosten aufzubringen. Denn das Splitting wird dafür gewährt, dass Familien für ihre Angehörigen aufkommen.Vom Splitting profitieren besonders Familien mit mehreren Kindern. Soll ihnen der Garaus gemacht werden?

Immer tut man so, als seien die hohen männlichen, bzw. die niedrigen weiblichen Gehälter ein Naturgesetz. Mit einer einzigen Reform ließe sich die schlecht bezahlte Frauenarbeit jedoch auf gleiche Höhe anheben. Aber das ist nicht gewollt. Denn die Wirtschaft buhlt um Frauenarbeit, weil sie billig zu haben ist.

Dass eine Expertin wie Frau Allmendinger noch nicht begriffen hat, dass das Kindergeld lediglich die Rückerstattung zuviel bezahlter Steuern ist ( das Existenzminimum von Kindern muss ebenso steuerfrei bleiben wie das von Erwachsenen ), das macht fassungslos. Kindergeld ist daher kein Almosen, sondern Rechtsanspruch, und kann nicht beliebig zur Disposition stehen. Bei höheren Einkommen wählen die Leute den steuerlichen Kinderfreibetrag, der sich wegen der Progression weit günstiger auswirkt als das Kindergeld. Da kann Frau Allmendinger freilich leicht aufs Kindergeld verzichten! So viel zu bewusster Falschinformation der Leserschaft.

Was das Elterngeld betrifft, so sieht Frau Allmendinger richtig, dass dieses Instrument zur Geburtenförderung ganz und gar nicht taugt. Das Elterngeld soll lediglich die finanziellen Einbußen junger Eltern mildern. Die Frage bleibt, warum das erste ( meist einzige ) Kind einer Managerin 21 600 Euro wert ist, das zweite, dritte, vierte Kind einer Vollzeitmutter jedoch nur 3 600 Euro?

A propos Geburtenförderung – Frau Allmendinger hält die Schrumpfung des Nachwuchses und die damit verbundenen Risiken für eine leere Drohung. Halb so viele Kinder wie 1970 – na und? Lasst die doch die Lasten für uns Alte buckeln! Wer keine Kinder zu versorgen hatte wird ja dank der Umlage im Rentensystem im Alter von den Kindern anderer Leute üppig versorgt!

Allmendinger: Ein Burn-out kommt schneller als man denkt. Gerade auf dem Weg hin zu Führungspositionen überfordern sich viele maßlos und powern sich aus.

Die Krankenkassen schlagen Alarm. Mütter, egal in welcher Position, sind beim Versuch, Familie und Erwerbsarbeit zu vereinbaren, heute vom Burn-out immer häufiger betroffen. Hier darf einmal die Frage gestellt werden, ob es sich bei der hochgepriesenen „Vereinbarkeit“ nicht eher um moderne Sklaverei handelt? Mit Frauen kann man´s ja machen! Warum schreien die Feministinnen nicht laut auf?

Frau Allmendinger mag für die Wirtschaft sprechen. Der Markt verlangt lediglich die Muskelkraft und den Intellekt der Menschen. Doch ohne intakte Familien, ohne Liebe und Fürsorge, ohne Würde und Respekt brechen Mensch und Gesellschaft zusammen. Wo man bereits die Keimzelle der Gesellschaft beschädigt, steht ihr Wohlstand auf sehr fragilem Fundament!

Bärbel Fischer

Einen weiteren Kommentar von Birgit Kelle finden Sie unter:
http://www.freiewelt.net/blog-3248/jetzt-aber-schnell-auf-den-arbeitsmarkt-mit-dir%21.html

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