Ganztagsgrundschule – welch ein Segen!

Zwei Milliarden Euro investiert der Bund in Ganztagsschulen. Ein Gutachten zeigt nun: Ein Teil der Kosten könnte durch höhere Steuereinnahmen wieder reinkommen, so schreibt die Süddeutsche Zeitung euphorisch und jubelt:

„Ganztagsbetreuung hat auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen“

Welch ein Segen!

https://www.sueddeutsche.de/bildung/ganztagsschule-ausbau-kosten-1.4763868

Dazu schreibt Birgit Kelle, Journalistin, Buchautorin und vierfache Mutter:

…. „Familie wird nicht mehr als Wert an sich, sondern nur als Teil einer staatlichen Wertschöpfungskette betrachtet. Sie sollte nützlich sein – nicht den Menschen, nicht den Kindern, sondern dem Staat, dem Steueraufkommen. Unter diesem Aspekt ist nur konsequent, was Ministerin Giffey hier fortführt, es hat Tradition im Familienministerium.

Bitter ist, dass sich niemand mehr Gedanken macht, was jemals langfristig aus einer Kinder-Generation werden soll, die sich von klein auf in die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes einfügen muss. Nicht weil es tragischerweise nicht anders geht, sondern weil der Staat gezielt darauf hinarbeitet und das Ganze auch noch als Erfolgsmeldung verbucht. Welch Jubel erwartet uns als Pressemeldung, wenn auch das letzte Kind brav in seiner Krippe, Kita oder Ganztagsschule den Tag verbringt. ….

… Wenn man es genauer betrachtet, pressen wir jetzt bereits Kinder in diese optimierten Lebensläufe, die nur dazu dienen, sie möglichst schnell zur steuerzahlenden Klasse zu machen. „Bildung“ in der Krippe schon ab zwölf Monaten. Spielen war gestern. Anschließend das Turbo-Abi, ein verkürzter Bachelor-Studiengang und dann rein in befristete Arbeitsverhältnisse. Ich hätte nie gedacht, dass mir Waldorfschulen einmal sympathisch erscheinen. Doch inzwischen ist man schon fast dankbar, wenn ein Kind mit sechs Jahren noch seinen Namen tanzt, anstatt Chinesisch zu üben.“

2 Gedanken zu „Ganztagsgrundschule – welch ein Segen!

  1. Die Arbeitswelt, so scheint es, hat vollständig gesiegt. Mama und Papa müssen beide der Arbeitswelt ganztägig zur Verfügung stehen. Denn erstens reicht sonst der Verdienst nicht. Zweitens sind nicht nur die Arbeitsverhältnisse unsicherer („prekärer“) geworden. Auch die Ehe ist längst nicht mehr der „sichere Hafen“, als der sie einstmals gelten konnte; auch sie ist zu einem kündbaren Verhältnis herabgesunken, aus dem man eventuell schneller und leichter aussteigen kann als aus einem Mietvertrag; da ist es ratsam, die Verbindungen zur Arbeitswelt, die in diesen Zeiten als einziger noch sicherer Hafen erscheint, nicht zu kappen. Um ein Familienleben zu gestalten fehlt erst die Zeit, dann die Kraft, schließlich der Wille. Was an freier Zeit noch bleibt, wird beim Einkaufsbummel verbracht, also auf der Glitzerseite der Arbeitswelt, womit deren Sieg ein totaler wird.
    Die Meldungen aus der Kita werden immer euphorisch sein, wobei es gleichgültig ist, ob das wahr oder erlogen ist. Denn die Arbeitswelt verlangt die euphorische Meldung: Nur so lässt es sich verhindern, dass Papa und Mama sich Sorgen machen; Sorgenfalten würden nur den Arbeitseifer stören.
    Der Sieg der Arbeitswelt über die Freiheit mag total sein, dauerhaft wird er nicht sein. Denn er zerstört in seinem Triumph seine eigene Basis, die Familie, in der allein die Talente und Tugenden heranwachsen können, welche die Arbeitswelt zu ihrem Überleben benötigt. Übrigens haben wir das Beispiel eines totalen Triumphes der Arbeitswelt mit nachfolgendem totalem Zusammenbruch schon einmal erlebt, den Aufstieg und den Fall des Sozialismus.
    Ich bin gespannt, wie sich die Chinesen in dieser Sache verhalten werden. Wenn man den Berichten der Landeskenner glauben darf, so sind heute an chinesischen Schulen die Schriften des Konfuzius zur Pflichtlektüre geworden. Konfuzius und Sozialismus sind wie Feuer und Wasser: Für den Meister, der vor über zweitausend Jahren gelehrt hat, ist die Familie das Fundament jeder Gesellschaft. Wenn es den Chinesen gelingt, ihrem Meister wieder Geltung zu verschaffen, müssen wir nicht mehr darüber nachdenken, wer die Großmacht des einundzwanzigsten Jahrhunderts sein wird.

    • Ihrem sehr guten Kommentar möchte ich einen weiteren Grund für immer weniger Kinder hinzufügen, der im Zuge wachsender Sorgen bzw. Hysterie rund ums Klima künftig ebenfalls eine Rolle spielen könnte. Dazu sei an das Buch „Kinderfrei statt kinderlos“ der Lehrerin Verena Brunschweiger erinnert, in dem sie zu einem Leben ohne Kinder aufruft.
      In der Berliner Morgenpost vom 23.10.2019 war zu lesen: „Für Brunschweiger gibt es mehrere Gründe, warum sie keine eigenen Kinder haben möchte. So könne man einer Studie zufolge 58,6 Tonnen CO2 einsparen, „wenn wir nur ein Kind weniger in die Welt setzen“, sagte sie dem ‚Focus‘ im Interview.“

      Auch an das Kindswohl denkt die Pädagogin: „Wenn wir jemanden zur Welt bringen, dann fügen wir ihm immer Leid zu. Insofern ist es das beste für mein Kind, wenn ich es nicht bekomme.“

      Schließlich denkt sie auch noch an die armen Mütter: „Ich kenne tatsächlich solche sogenannten ,Nur-Hausfrauen’, die in völliger Abhängigkeit von ihrem Mann leben, die nur für Wäsche und Haushalt und Kinder zuständig sind und für nichts sonst – und die in fünf Jahren nicht einmal gelacht haben. Das finde ich schon krass, wie man sich so entscheiden mag – angeblich freiwillig.“

      Noch sorgt die Lehrerin für mehrheitliches Kopfschütteln, allerdings frage ich mich: wie lange noch? In den letzten Jahrzehnten habe ich vieles für unmöglich gehalten, was sich dann doch noch peu a peu durchgesetzt hat.
      Glücklicherweise nehmen Kritik und Auflehnung zu, was mich zuversichtlich macht, dass Verena Brunschweiger mit ihren kruden Thesen eine deftige Abfuhr erlebt.

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