Fragwürdige Kindergrundsicherung

Leserbrief an die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT

zu „Politik der verbrannten Erde“ – hier Kindergrundsicherung 16/24

Herrn Ulrich Clauß gebührt hohe Anerkennung dafür, dass er deutlich den kläglichen Zustand unseres Sozialwesens  schildert. Kurz vor dem Kollaps wollen Hubertus Heil und Lisa Paus noch raffen, was längst in alle Welt verteilt wurde. Mit dem Wort “Kindergrundsicherung“ soll trügerisch der Eindruck einer echten Verbesserung der finanziellen Lage von Familien erweckt werden. Dass diese seit Jahrzehnten im Argen liegt, pfeifen die Spatzen längst von den Dächern. Den zahlreichen Familienverbänden geht es nicht um Bringschuld, Holschuld, Garantiebetrag und Zusatzbetrag, sondern darum, dass die jahrelange Erziehungsarbeit der Eltern bei der Rente nicht weiterhin missachtet wird, wie dies seit 1957 mit dem Umlageverfahren der Fall ist. Es besteht noch immer ein Ungleichgewicht zwischen Jugendsicherung und Alterssicherung zum Nachteil von Eltern und Kindern, weil lückenlose Erwerbskarrieren deutlich mehr Rentenpunkte abwerfen, als Familienkarrieren. Die Verbände sprechen von einer verfassungswidrigen Benachteiligung, ja von Enteignung der Eltern.

Dr. Johannes Resch, der Vorsitzende des Verbands Familienarbeit e. V. folgert: „Der Koalitionsvertrag leistet keinen Beitrag zum Abbau der Familienfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Es bleibt bei der Diskriminierung der elterlichen Erziehungsarbeit gegenüber der Erwerbsarbeit, die für die zunehmende relative Verarmung der Familien verantwortlich ist. Auch ist nicht zu erwarten, dass sich der Geburtenrückgang als Folge der relativen Familienarmut bessert. So werden auch die Grundlagen unseres Alterssicherungssystems auf längere Sicht weiter zerstört“.

Diese Diskrepanz (Diskriminierung) aufzulösen in einem modernen Rentensystem, hätte Frau Paus schallenden Applaus eingebracht, denn alle vorherigen  Regierungen drückten sich ignorant vor einer echten, familiengerechten Reform.

Bärbel Fischer

Erschienen am 18. April 2024

Niemand bezahlt seine Alterssicherung selbst!

Pressemeldung                                                                           25.10.2016

Das Märchen von der Familienförderung wird durchschaut

Bundesbürger lassen sich nicht hinters Licht führen

Bei einer aktuellen repräsentativen Befragung von 2000 Bundesbürger/innen durch die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen gaben 63% der Befragten als Grund für fehlenden Kinderwunsch an, Kinder kosteten zu viel Geld. Auch weitere Gründe waren vor allem wirtschaftlich motiviert (Freiheit, Karriere)*.

Dr. Johannes Resch, stellvertretender Vorsitzender des Verbands Familienarbeit e.V., kommentiert: „Das Ergebnis der Befragung zeigt, dass die staatlich lancierte Behauptung, es gäbe eine `Familienförderung` immer weniger geglaubt wird. So wurde vor Jahren behauptet, Familien würden mit 200 Mrd. € gefördert (Spiegeltitelgeschichte 6/2013). Dabei wurden sogar Regelungen mitgezählt, die auch Kinderlosen zustehen (z. B. Steuerfreibeträge). Aber alles, was Eltern für die Gesellschaft leisten, wurde ignoriert und nicht gegengerechnet: Eltern erarbeiten mit der Erziehung von Kindern die gesamte Alterssicherung ihrer Generation, auch die der Kinderlosen. Beim bestehenden Umlageverfahren in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung bezahlt niemand seine Alterssicherung selbst. Sie wird ausschließlich von den Kindern der jeweiligen Rentner-Generation finanziert, ohne dass die Eltern für ihre Erziehungsarbeit eine angemessene Entschädigung erhalten.

Dieser entscheidende Konstruktionsfehler unseres Sozialsystems zu Lasten der Eltern wird von der Familienpolitik ignoriert:Besonders durch die Rentenreform 1957 wurde die Alterssicherung, die über Jahrtausende der natürliche Lohn der Kindererziehung für die Eltern war, an Erwerbsarbeit gebunden. So wurde der Lohn der Kindererziehung den Eltern ohne angemessene Gegenleistung entzogen und zum Lohnersatz für Erwerbsarbeit im Alter erklärt. Diese Enteignung der Eltern hat zu zunehmender Verarmung der Familien geführt, worunter vor allem Eltern mit mehreren Kindern und Alleinerziehende zu leiden haben. Dabei ist es nicht erstaunlich, dass auch der Kinderwunsch zurückging. Zudem macht diese Politik unser Sozialsystem immer brüchiger.

Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse der Befragung nicht etwa Ausdruck von Egoismus, sondern verständliche Folge einer schon über 60 Jahre dauernden familienfeindlichen Politik. Damit nicht genug. Die gezielte Diskriminierung von Mehr-Kind-Familien wurde z.B. durch das ab 2007 geltende Elterngeldgesetz noch auf die Spitze getrieben, indem bei Folgekindern oft nur ein Bruchteil des Betrages bezahlt wird, den vor der Geburt gut verdienende Eltern eines ersten Kindes als „Lohnersatz“ erhalten.“

* Quellen:  http://www.stiftungfuerzukunftsfragen.de/de/newsletter-forschung-aktuell/270/                                                                                                                                                                                                                                                  http://www.zeit.de/news/2016-10/12/gesellschaft-umfrage-vor-allem-hohe-kosten-fuehren-zu-kinderlosigkeit-12151803                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   

Dr. Johannes Resch

Verband Familienarbeit e.V.

Verband zur Förderung der eigenständigen                                                           finanziellen und sozialen Sicherung bei Familienarbeit

 

Plauderstündchen

Betrifft SWR Nachtcafé, 21. 10. 2016

 

Sehr geehrter Herr Steinbrecher,

 

soeben habe ich Ihre Sendung Nachtcafé´ vorzeitig ausgeschaltet, weil ich  nicht ertragen kann, dass die ganze Diskussion den wesentlichen Punkt für die Rente ignoriert. Alle Teilnehmer tun so, als würden sie im Alter zurück bekommen, was sie eingezahlt haben, so, als sei die Rentenversicherung eine Kapitalanlage. FALSCH! Was heute eingezahlt wird ist morgen bereits an die gegenwärtigen Rentner ausbezahlt. Mit dem Umlagesystem ist die Rente auf Gedeih und Verderb an die Zahl der nachwachsenden Erwerbstätigen gekoppelt. Das heißt: Nur eine ausreichende Zahl an Erwerbstätigen kann die Vorgängergeneration im Alter versorgen.

 

Frage: Woher kommen die jungen Erwerbstätigen? Doch wohl von Eltern, die sie über 20 Jahre und mehr versorgt haben, und zwar nicht auf Staatskosten, sondern zum großen Teil aus privater Tasche. Nun verzichten schon seit einigen Jahren mehr als ein Viertel der jungen Leute auf Nachwuchs. Damit kann man flott leben, ohne sich zu solidarisieren.

 

Die Eltern, Väter und Mütter, können über viele Jahre keinen Groschen für eine private Altersversorgung beiseite legen. Aber sie liefern der Gemeinschaft wohlerzogene, gebildete, stabile Kinder. Ist das kein Rentenbeitrag? Ist das nur ein Hobby?

 

Für unser Rentensystem ist Kindererziehung als generative Leistung so gut wie nichts, und für die medialen Diskussionen nicht einmal eine Silbe wert. Am Ende sind es wieder die Eltern, die die geringsten Renten bekommen, weil sie ja -zig Jahre für ihre Kinder da waren.

 

Ergo: Kinderlosigkeit hat Konsequenzen für die Solidargemeinschaft. Jeder darf selber entscheiden, ob er Kinder haben will. Aber er sollte dann auch die Konsequenzen tragen müssen und sich im Alter nicht von den Kindern versorgen lassen, die von fremden Eltern unter großen Lasten aufgezogen wurden.

 

Frau Breymaier betonte, die Rentendebatte müsse zwischen ARM und REICH geführt werden. Ich sage: Sie muss zwischen denen geführt werden, die Nachwuchs aufziehen und denen, die sich diesen Beitrag ersparen.

 

Sehr geehrter Herr Steinbrecher, ich sehe, wie sich Ihre Stirn in Falten legt, denn für einen TV-Moderator ist diese Wahrheit ein zu heißes Eisen. Daher wird in keiner Diskussion die Nachwuchsfrage erörtert. Niemand will einsehen, dass er auf Kosten anderer schmarotzt. Sagen Sie jetzt bloß nicht, Kinderlose zahlten ja mehr Steuern. Schauen Sie sich den Horizontalen Vergleich zum frei verfügbaren Einkommen an, der jährlich vom Deutschen Familienverband erstellt wird. Bereits mit zwei Kindern gerät die Familie mit einem Jahreseinkommen von 35 000.- mit 1603.- unter ihr Existenzminimum, mit 4 Kindern beträgt der Verlust bereits 11 095.- , trotz Kindergeld. Der Single mit dem selben Jahresgehalt behält in diesem Kalenderjahr 13 421.- zur freien Verfügung. Das ist eine Differenz von 24 516.-!

 

http://www.deutscher-familienverband.de/jdownloads/Publikationen/Horizontaler_Vergleich_2016_web.pdf

 

Jede Rentendebatte verkommt zum belanglosen Plauderstündchen, Herr Steinbrecher, wenn die elementare Frage nach dem Nachwuchs vermieden wird.

 

Damit wünsche ich Ihnen eine gute Nacht und grüße beklommen

Bärbel Fischer

ELTERNINITIATIVE FÜR FAMILIENGERECHTIGKEIT