Ganztagsschulen – eine Gefahr!

Der Leitartikel der heutigen Ausgabe der Schwäbischen Zeitung titelt: „Gefahr für Ganztagsschulen“. Die Autorin bemängelt das unausgewogene Sparessen mit billigem Fleisch ohne ausreichendes Angebot von Gemüse an Schulen und warnt: „ Gerade Eltern, die noch zögern, ihre Sprösslinge staatlichen Institutionen über die 12.30 Uhr-Grenze hinweg anzuvertrauen, werden durch ungesundes Mittagessen an den Schulen in ihrem Zögern bestärkt. Die Ganztagsschule ist jedoch ein zentraler Baustein für mehr Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem. Sie gleicht allzu große Vorteile für Kinder aus privilegierten Haushalten aus und steht für gesellschaftliche Fürsorge für Kinder aus prekären Verhältnissen.“

Leserbrief

Ganztagsschulen sind selbst eine Gefahr!

Nicht nur das fehlende Gemüse, also die fehlenden Vitalstoffe im Schulessen schaden unseren  Kindern, sondern auch die fehlende Ruhe, das fehlende verständnisvolle Zuhören bei ihren Kümmernissen, der ausbleibende Trost und die fehlende Entspannung.

Zuviel Fett, zuviel Fleisch, zuviel Lärm, zuviel Verplanung, zuviel  Aufsicht machen unseren Kindern bei der Ganztagsbeschulung, in Kita und Hort zu schaffen und hindern sie daran, kreativ und eigenständig mit ihrer Zeit umzugehen.

Was muten wir eigentlich unseren Kindern von Montag bis Freitag zu? Eine durch und durch getaktete 45-Stundenwoche! Die hektische, gemeinsame Abendzeit kann niemals ersetzen, was an familiärer Nähe und Wärme tagsüber verloren ging.

Und zudem: Ob wir die Chancengleichheit für benachteiligte Schüler erhöhen, indem wir allen Kindern gleichermaßen ihre Chancen mindern, das bleibt hier die große Frage!

Bärbel Fischer

ELTERNINITIATIVE  FÜR  FAMILIENGERECHTIGKEIT

 

 

10 Gedanken zu „Ganztagsschulen – eine Gefahr!

  1. Prekäre Verhältnisse müssten nicht sein. Sie sind politisch sogar erst geschaffen worden, indem unser Sozialgesetz gerade den weniger betuchten Familien die Butter vom Brot stiehlt. Würden Familien g e r e c h t behandelt, so hätten alle Kinder gleiche Chancen.

    Wie blöd muss man eigentlich sein, um „Chancengleichheit“für w e n i g e mit „Chancenminderung“ für a l l e erreichen zu wollen?

    • ……… leider wohl eine adventlich „einsame Stimme eines Rufers in der Wüste“.
      Und dennoch Bravo und herzlichen Dank Frau Fischer
      Eduard Grabherr

  2. Besonders aufgefallen ist mir „….Kinder aus prekären Verhältnissen“. Das zeigt eher, dass einige wenige Familien von der Gesellschaft und Politik vernachlässigt werden.
    Außerdem erzeugt diese Aussage den Eindruck, als sei das halt so. Da kann man oder will man nicht machen. Anstatt präventiv was zu tun, wird an anderer Baustelle versucht zu reparieren. Das wird beim Versuch bleiben.
    Eigentlich will man nur Werbung für die externe Ganztagsbetreuung machen. Dazu sind alle möglichen Schlechtaussagen über Familien brauchbar.
    Wir wollen mit unserem Projekt „Familien als Leistungsträger“ diesen Negativaussagen entgegenwirken.

  3. Auch bei uns in der Stadt gibt es SPD-Politiker, die sich offen für eine Ganztagsschulpflicht (!) aussprechen. Sie begründen dies damit, dass die Kinder, die derzeit noch von ihren nicht berufstätigen Elite-Müttern Nachhilfeunterricht am Nachmittag bekommen, einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber den Kindern hätten, deren Mütter arbeiten gehen müssten. Das darf nicht sein! Zur Herstellung der Chancengerechtigkeit soll daher verhindert werden, dass Kinder zuhause unterstützt werden – und das geht nur, indem sie zwangsweise den ganzen Tag in der Schule verbringen müssen.
    Was lernen wir daraus? Die von der SPD so hoch gelobte „Chancengerechtigkeit“ ist eine „Gleichmacherei auf niedrigem Niveau.“ Wenn man den Kindern, die durch ihr Elternhaus bessere Chancen hätten, diese Möglichkeiten gezielt wegnimmt, erreicht man Chancengerechtigkeit. So deutlich hat das noch niemand formuliert, aber ich musste es mal sagen.
    Ich frage mich nur, warum die Wirtschaft hier nicht protestiert. Denn die Wirtschaft soll froh sein, wenn es Kinder gibt, die zuhause geholfen bekommen und dadurch zu künftigen Leistungsträgern werden: diese werden nämlich dringend gebraucht. Ein Nachwuchs, der dagegen auf unterstem Niveau „gleichgeschaltet“ wird (und das noch unter dem Deckmantel „Chancengleichheit“ verkauft wird), bringt die Wirtschaft nicht nach vorne.
    Da der Staat sowieso kein Geld hat, um alle Kinder individuell zu fördern, sollte er dankbar sein, wenn es Eltern gibt, die dies unentgeltlich leisten. Diese Hilfe zu torpedieren, kann nur mit Ideologie, aber niemals mit Vernunft erklärt werden.

    • „Ich frage mich nur, warum die Wirtschaft hier nicht protestiert.“
      Die Wirtschaft will die externe Betreuung. Es geht um rein betriebswirtschaftliche Gewinninteressen. Mütter sollen möglichst mit wenig Unterbrechung „arbeiten“. Was ist Arbeit?
      Die sogenannte “Chancengerechtigkeit” dient, wie die „Bildung“, nur zur Werbung für die externe Betreuung.
      Die externe Kinderbetreuung ist Wirtschaftpolitik!
      Die Parteien haben sich danach zu richten. Die Grünen wollen auch eine Wirtschaftpartei werden. Sie wollen die FDP ersetzen.

  4. lieber Herr Bloch, die Wirtschaft wird nicht protestieren, weil das Märchen vom Fachkräftemangel dem Niedriglohnbereich Vorschub leistet. Es ist eine Schande, dass in Deutschland ein Viertel (1/4) der Beschäftigten für Löhne arbeitet, die nicht ausreichen um die täglichen Kosten des Lebens zu zahlen. Sie arbeiten zwar Vollzeit, bringen aber dennoch nicht genügend Mittel für den Lebensunterhalt auf. Um solchen Menschen zu helfen, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen mit Hilfe von Hartz IV sein niedriges Gehalt aufzustocken. Ein Erwerbstätiger hat dann Anspruch auf eine Aufstockung mit Hartz IV, wenn er weniger als 1.200 Euro brutto verdient. Dieser Betrag erhöht sich auf 1.500 Euro, wenn man sich um mindestens ein Kind kümmern muss. Nach Einführung des Mindestlohns werden die Unternehmen die Arbeitszeit reduzieren und auf mehrere Erwerbstätige verteilen und schon reicht der Lohn wieder nicht und muss aufgestockt werden.
    Davon abgesehen, sind diese Menschen aber nicht Ziegruppe der Wirtschaft sondern nur lästige Kostenempfänger.
    Die Gutausgebildeten kommen aus der sogenannten „Oberschicht“ die sich Privatschulen leisten können. So viele Fach-Jobs gibt es auch gar nicht. Man bleibt da lieber unter sich. Meistens erfolgt die Vergabe nach Vitamin B. Also warum sollte die Wirtschaft Interesse an einer Änderung haben, im Gegenteil: So konzentriert sich MACHT.

  5. Herzlichen Dank dafür, Herr Bloch, dass Sie diesen Missstand einmal so richtig ausleuchten.
    Ziel der Ganztagsschulpflicht wäre es also nicht, Kinder, die Hilfe und Betreuung benötigen, solche zukommen zu lassen – das ließe sich in der Tat einfacher, besser, preiswerter erreichen-, sondern Kindern, die ein gutes Zuhause haben, dieses wegzunehmen.

    Verlassen Sie sich bitte nicht auf „die Wirtschaft“. Die „Wirtschaft“, genauer gesagt die Funktionäre der großen Industrieverbände, nicht etwa die mittelständischen Arbeitgeber, sind daran interessiert, Väter und Mütter ganztags an die Werkbank zu binden. Da müssen die Kinder eben irgendwo und irgendwie, wenn’s geht auf Kosten der Allgemeinheit, untergebracht und dort zuverlässig festgehalten werden.

    Daher lobt man in einem ersten Schritt die Ganztagseinrichtungen über den grünen Klee, man versucht – so geschehen unter dem sozialistischen Diktator Ceaucescu – den Eltern, welche sich darauf nicht einlassen wollen, ein schlechtes Gewissen einzureden ( „Sie enthalten Ihrem Kind die optimale Förderung vor“) und beruhigt ein sich eventuell regendes Unbehagen der Eltern, die sich darauf eingelassen haben, indem man sie glauben macht, für Ihr Kind nur das Beste zu tun. Funktioniert das nicht, etwa weil die Qualität der Einrichtungen nicht entfernt den Erwartungen entspricht oder weil der Freiheitswille der Eltern (Freiheitsliebe ist die Bereitschaft, für sich und die Seinen Verantwortung zu übernehmen und nicht abzugeben) unerwartet stark ist, so kommt der zweite Schritt, die böse Tour: Man facht die übelsten Kräfte im Menschen, Neid und Schadenfreude, an: Wenn Dein Kind in die Krippe muss, so sollen alle hinein, andere sollen es nicht besser haben als Du.

    In der Antike gab es das Sprichwort, dass so, wie in jeder Stadt ein Pöbel zu finden ist, in jedem Menschen auch üble Seiten zu finden sind. Und so wie man dem Pöbel in der Stadt zur Macht verhelfen kann, indem man alle institutionellen Schranken abräumt, so kann man auch im Menschen den in ihm lauernden Pöbel zum Leben erwecken. Neid und Missgunst sind die Türöffner des Pöbels in uns. Sie waren, sie sind und sie werden bleiben die Fundamente, auf die sich jede Gewaltherrschaft stützen will und zeitweise auch stützen kann. Bleiben wir also wachsam.

  6. Sie sagen es, Herr Bloch. Es ist aber schon erstaunlich, wie viele Leute die Stimme der Ideologie mit der Stimme der Vernunft verwechseln und dem Quatsch, der da erzählt wird, zustimmen.

  7. Pingback: Ganztagsschulen – eine Gefahr! | FreieWelt.net

  8. Jesper Juul, der dänische Pädagoge und Erziehungsberater, in einem Interview bei news4teachers:
    „Natürlich ist Schule für das Wohlergehen der Schüler verantwortlich. Weder die Schule noch die Lehrkräfte können Schülern allerdings das gewährleisten, was sie für ein gutes Leben brauchen. Diese Verantwortung liegt bei den Familien und hoffentlich – in einer wunderbaren nahen Zukunft (!) – werden beide, Schule und Elternhaus, eng zusammenarbeiten.“

    http://www.news4teachers.de/2014/11/erziehungsberater-jesper-juul-im-interview-erwuenscht-ist-gehorsam/

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