Wir fordern ein „Parents-Mainstreaming“!

Sehr geehrte Frau Dierssen von den Evangelischen Frauen in Württemberg,

ich hatte am vergangenen Samstag die Gelegenheit, als Delegierte beim ÖDP-Landesparteitag in Stuttgart Ihren erhellenden Vortrag zu hören. Gender-Mainstreaming     ( GM ) als  eine Verordnung zur Gleichbehandlung beider Geschlechter ist ein absolut löbliches Konzept. Anders als immer behauptet wird, geht es demnach gerade um die Anerkennung der Unterschiedlichkeit von Männern und Frauen und deren Berücksichtigung im gesellschaftlichen Leben, und eben nicht um Gleichmacherei. In Ihrer Synopse sieht man den Weg von der Idee von 1985  bis zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz AGG.

Gegen Ihre Ausführungen, Frau Dierssen, ist überhaupt nichts einzuwenden. Und wenn die Bundesregierung derselben Auffassung wäre wie Sie persönlich, dann hätten wir die Probleme mit GM gar nicht. Nur leider ist das eben nicht so. Anstatt den Frauen Wahlfreiheit für ihren selbst gewählten Lebensstil zu gewähren, wird von oben nach unten bevormundet, verteufelt, diffamiert.

Ein Beispiel:

Gerade die gut situierten Frauen ( Deutscher Frauenrat, CDU-Frauenunion, Feministinnen u.a. ) sind es, die uns Frauen im Zeichen von GM vorschreiben, wie wir zu leben haben      ( Paradigmenwechsel zur „modernen“, erwerbstätigen, unabhängigen Frau ), und die alles unternehmen, um herkömmliche „Rollen aufzubrechen“. Was war das für eine Hexenjagd, als Kristina Schröder ihr Buch vorstellte! Selbstbestimmung ist anscheinend nur akzeptabel, wenn die Frau ihr Haus verlässt, ihre Kinder abgibt und sich in das maskuline System begibt . Will sie aber für ihre Kinder präsent sein, so wird sie als Dummchen, Schlampe  oder Heimchen am Herd gebrandmarkt – wohl gemerkt von Frauen! Diese Verunglimpfungen führen dazu, dass junge Leute sich lieber gegen Kinder entscheiden, als zu Verlierern gemacht zu werden. Und solange kinderlose Bürger über das Umlageverfahren im Rentensystem gegenüber Eltern bevorzugt werden, weil sie ihre Rente von den Kindern anderer Leute erwirtschaften lassen, solange wird sich daran auch nichts ändern.

Zum Anderen halten wir das GM für wissenschaftsfeindlich, weil es alle Erkenntnisse aus den Humanwissenschaften ( Medizin, Biologie, Gehirnforschung, Soziologie, Entwicklungspsychologie…) ausklammert. Auf diese Weise verkommt das gut gemeinte  GM-Konzept zu einer bloßen Ideologie. 

Zum Beispiel nenne ich nur das Konzept VEREINBARKEIT. Es will den Frauen Unabhängigkeit vom Partner und von ihren Kindern garantieren. Nun wollen aber gar nicht alle Frauen unabhängig sein, sondern sie akzeptieren, dass das Leben in Fürsorge für andere immer Abhängigkeit ( und Opferbereitschaft ) bedeutet. Solidarität schließt Abhängigkeit ein, das werden Sie, Frau Dierssen, als EFW-Frau doch wissen! Außerdem sind erwerbstätige Frauen ebenfalls, und vielleicht noch krasser abhängig: vom Betrieb, vom Chef, vom Arbeitsmarkt.

Ein Drittes:

Das AGG ist in unseren Augen höchst defizitär konstruiert, denn es lässt die Benachteiligung von Menschen wegen ihrer Kinder ( z. B. bei der Wohnungssuche, bei der Besteuerung, beim staatlichen Zugriff auf das Existenzminimum der Familie, bei der Rente  etc. ) völlig außer Acht. Im Gegensatz zu den geschützten Personen können Eltern gegen ihre Benachteiligung nicht klagen. Das gibt das AGG nicht her. Eltern sind offenbar nicht schutzwürdig!

Was wir brauchen ist ein Parents-Mainstreaming, indem alle Lebensbereiche auf           g e n e r a t i v e  Tauglichkeit untersucht werden und Eltern mit Kinderlosen zumindest gleichgestellt, wenn nicht sogar bevorzugt behandelt werden ( da sie seit Jahrzehnten im Gesetz unterrepräsentiert sind ).Ein solches Parents-Mainstreaming hätte Familiengerechtigkeit zum Ziel und damit die Abschaffung aller Diffamierungen, unter denen Eltern und ihre Kinder seit Jahrzehnten leiden. Hier hat sich unser Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend BFSFJ einen 60-jährigen Dornröschenschlaf genehmigt. Denn es hat nichts unternommen, um das missglückte Adenauer´sche Rentensystem vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es hat nicht einmal fertig gebracht, die familienbezogenen Urteile zur Gleichstellung von Familien mit Nichtfamilien aus Karlsruhe umzusetzen. Diesem familien-feindlichen System haben wir zu verdanken, dass sich die Alterspyramide auf den Kopf gestellt hat, dass so viele Frauen ihre dritten und weiteren Kinder abtreiben, dass junge Leute unser Land verlassen, weil sie in Deutschland keine Perspektive für Familie sehen.

Meine persönliche Wahrnehmung ist, Frau Dierssen, dass sich unsere Regierung mit großem steuerfinanzierten Aufwand um die Gleichberechtigung von Frauen kümmert, die Gleichbehandlung von Eltern aber bewusst und deshalb sträflich umgeht.

Vielleicht wollen Sie mir antworten, Frau Dierssen. Ich bin geschäftsführendes Mitglied der ELTERNINITIATIVE  FÜR  FAMILIENGERECHTIGKEIT, Mutter von vier Kindern und Großmutter von zehn Enkeln. Diese sind mir Motivation, mich für die GLEICHBEHANDLUNG  und AUTONOMIE aller Eltern einzusetzen.

Dieser so genannte OFFENE  BRIEF wird auf unserer Internetseite und auf der ÖDP-Seite veröffentlicht.

Damit grüße ich Sie in der Hoffnung auf Ihr Verständnis

Bärbel Fischer

 

4 Gedanken zu „Wir fordern ein „Parents-Mainstreaming“!

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  2. Sehr geehrte Frau Fischer,
    vielen Dank für diese offenen Worte. Ich kann Ihnen in jeder Hinsicht beipflichten. Ich bekomme direkt mit, was es heißt, wenn Kinder nicht von ihren Eltern betreut werden, sondern von einer Tante. Sie haben eine Menge schulische Schwierigkeiten. Ich bin der Hausaufgabenhilfe tätig. Wir haben einige Probleme mit unseren Kindern. Gott sei Dank eine tolle Grundschullehrerin, die mit den Kindern gut umgeht und viel Verständnis hat. Sie hat eine Montessori Ausbildung.
    Mit freundlichen Grüßen
    C. Richter

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